: Immer Ärger mit Biblis
Zwischenlager für Castoren mit radioaktivem Müll geplant. Umweltschützer protestieren
aus Frankfurt K. KLINGELSCHMITT
Die RWE Energie AG, Betreibergesellschaft der Blöcke A und B des Atomkraftwerks Biblis, nennt sich jetzt RWE Power AG. Gestern teilte die Muttergesellschaft RWE AG mit, dass der Konzern beabsichtige, im „Multi-Utility-Geschäft“ mit anderen Unternehmen eng zu kooperieren. „Wow!“ Ein „Powerhouse“ scheint da an Rhein und Ruhr zu entstehen; mit einem atomaren Klotz am Bein. Neuer Name – alter Ärger.
Gestern kündigten die südlichen Landesverbände des Bund-Naturschutz und der Bürgerinitiative Umweltschutz (BBU) ihren Zusammenschluss zur „Aktionsgemeinschaft“ gegen den Zwischenlagerbau in Biblis an. Grund: Die RWE Power AG will in Biblis so schnell wie möglich ein Zwischenlager für 28 Castor-Behälter mit abgebrannten Brennelementen bauen. Die Lagerkapazitäten in den beiden Abklingbecken der Reaktoren seien erschöpft, heißt es bei RWE, und der Weg zur Wiederaufarbeitungsanlage nach La Hague weiter blockiert. Seit Wochenbeginn liegt ein Genehmigungsantrag von RWE beim Bundesamt für Strahlenschutz vor.
RWE plant obendrein den Bau eines riesigen Zwischenlagers für 152 Castor-Behälter in Biblis. Dort sollen dann bis zum Bau eines Endlagers nicht nur die abgebrannten Brennelemente aus den Blöcken A und B in Biblis zwischengelagert werden, sondern auch die aus dem RWE-AKW Mülheim-Kärlich, so RWE-Vorstandsboss Dietmar Kuhnt. Im Atombunker in Hanau lagern auch noch 123 unbestrahlte RWE-Brennelemente, die einmal für den nie in Betrieb gegangenen schnellen Brüter produziert worden waren. Die Lagerkosten dafür von 1,5 Millionen Mark pro Jahr würde Kuhnt gerne einsparen. RWE verhandelt inzwischen mit dem US-Atomzentrum Hanford wegen einer Übernahme. Gegebenenfalls müsse eine „Zwischenlagerung in einem Brennelemente-Zwischenlager“ erfolgen, so Kuhnt. Etwa in Biblis?
Die beiden „Schrottreaktoren“ in Biblis, so Eduard Bernhard vom Vorstand des Bundesverbandes Bürgerinitiativen Umweltschutz (BBU), dürften RWE also auch künftig negative Schlagzeilen bescheren. Nicht nur wegen des neuen Zwischenlagers für abgebrannte Brennelemente aus den maroden Blöcken A und B. „Noch immer sind die Sicherheitsauflagen der hessischen Landesregierung von 1989 nicht realisiert; besonders die Notstandswarte für Block A fehlt weiter“, wettert Bernhard. Und die Risse im Kühlsystem von Block A seien ein „Image-Waterloo“ für RWE.
Die Umweltverbände wollen jetzt in „konzertierter Aktion“ die RWE-Pläne in den anstehenden öffentlichen Erörterungen „und auf der Straße“ durchkreuzen. Bund-Naturschutz und BBU fordern die sofortige Stillegung wenigstens von Block A. Ein Zwischenlager werde dann nicht mehr gebraucht, so Bernhard zur taz; „wenigstens nicht in diesen Dimensionen“. Die Umweltschützer appellieren an die hessische Regierung und an die Bundesregierung, den wegen der Reparatur von Rissen im Kühlsystem abgeschalteten Block A nicht wieder ans Netz zu lassen.
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