Antifaschistische Perspektiven gesucht

Auf einer Tagung wollen antifaschistische und antirassistische Gruppen eine Zwischenbilanz ziehen und neue Konzepte erarbeiten. Öffentliches Interesse an Projekten hat seit der gesellschaftlichen Debatte im Sommer zugenommen

Antirassistische und antifaschistische Gruppen aus 20 brandenburgischen Städten wollen am Sonntag in Potsdam eine Zwischenbilanz ihrer Arbeit ziehen. „Vor dem Hintergrund einer breiten gesellschaftlichen Debatte seit dem Sommer ist es unerlässlich, für unsere zukünftige Arbeit ein fundiertes inhaltliches Konzept zu erarbeiten“, sagt Mitveranstalter Volker Eick vom Demokratischen Jugendforum Brandenburg. Diese müsse sich deutlich von einer „staatlichen Feigenblatt- und Repressionspolitik“ unterscheiden. Die Politik des Landes Brandenburg unter Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) sieht das Demokratische Jugendforum als eine „wesentliche Ursache“ für den zunehmenden Rechtsradikalismus. „Deren Profilierungsversuche und Lippenbekenntnisse tragen am allerwenigsten dazu bei, die Verhältnisse zu ändern“, sagt Eick.

Vier Arbeitsgruppen wollen am Wochenende über Flüchtlingspolitik, Jugendarbeit, Repression und die so genannte Sommerlochdebatte diskutieren. „Wir wollen Strategien und Perspektiven entwickeln und uns untereinander austauschen“, sagt Eick. Dazu sei in den letzten Monaten wenig Zeit gewesen.

Die öffentliche Debatte über Rechtsextremismus, die im Sommer begann, können viele der antifaschistischen Gruppen aber auch etwas Positives abgewinnen. „Das Interesse an unserer Arbeit hat zugenommen“, resümiert Daniel Krüger von der Anlaufstelle für Opfer rechter Gewalt. Es sei einfacher geworden, offensive Gesellschaftskritik zu üben und in gesellschaftliche Prozesse einzugreifen.

Die politische Arbeit in den vergangenen Jahren sei dagegen eher aus einer defensiven Position heraus erfolgt. Die an der Tagung beteiligten Gruppen und Initiativen, unter anderem aus Bernau, Schwedt und Strausberg, arbeiten seit Jahren zum Thema Antifaschismus und Antirassismus und haben dazu vielfältige Strategien entwickelt, die von der Öffentlichkeit bisher kaum beachtet wurden. Erst seit dem Sommer sind sie mehr ins öffentliche Interesse gerückt. So bekam zum Beispiel die „Aktion Noteingang“ aus Bernau den Aachener Friedenspreis. Die Aufkleber-Aktion, die Geschäfte als Schutzorte für Flüchtlinge ausweist, gibt es bereits seit mehreren Jahren.

Die Bedrohung von Jugendtreffpunkten, die sich als „nicht rechts“ bezeichnen, hat dagegen nicht abgenommen. So marschierten am vergangenen Wochenende rund 30 Rechte aus Neuruppin vor dem alternativen Jugendtreff Mittendrin und bedrohten die Jugendlichen. Die Polizei nahm nicht die Personalien der Rechten, sondern die der Clubbesucher auf.

JULIA NAUMANN

Die Tagung findet am Sonnabend im Alten Rathaus am Alten Markt in Potsdam von 10 bis 18 Uhr statt