: Dreckiges Dutzend wird verboten
UN-Konferenz in Südafrika beschließt nach Verhandlungsmarathon doch noch Abkommen über Verbot der zwölf giftigsten organischen Umweltchemikalien. Für DDT und PCB allerdings gelten Einschränkungen. Finanzierung noch nicht gesichert
aus Johannesburg KORDULA DOERFLER
Am Ende überwogen Erleichterung und Erschöpfung. Erst nachdem sie ihre Verhandlungen mehrmals verlängerten, einigten sich gestern morgen in Johannesburg die Delegierten aus 122 Ländern der UN-Umweltkonferenz auf ein Verbot der derzeit gefährlichsten organischen Umweltgifte. Das Abkommen muss aber noch im Mai kommenden Jahres in Stockholm unterzeichnet und anschließend von mindestens 50 Staaten ratifiziert werden. Nach einer Woche zäher Verhandlungen zeigten sich alle Teilnehmer versöhnlich. Auch wenn Einzelheiten, wie etwa die Finanzierung, noch unklar waren. Nur einige Delegierte der chemischen Industrie verließen demonstrativ den Saal, als die südafrikanischen Gastgeber Sekt reichten.
Die Konferenz beschloss, die Herstellung von zwölf langlebigen Giften, auch Persistant Organic Pollutants (Pops) genannt, zu verbieten beziehungsweise ihre Anwendung schrittweise zu reduzieren. Zu dem so genannten dreckigen Dutzend gehören Pestizide wie DDT, Aldrin und Endrin, Industriechemikalien wie Hexachlobenzol oder PCB und hoch giftige ungewollte Nebenprodukte der chemischen Industrie wie Dioxine und Furane. Acht der zwölf Stoffe und möglicherweise noch weitere Substanzen werden mit Inkrafttreten des Abkommens verboten – was allerdings noch vier bis fünf Jahre dauern wird.
Das Papier hat einige weitere Schönheitsfehler: Auf Druck Südafrikas und anderer Entwicklungsländer wurde das Pestizid DDT von dem Verbot teilweise ausgenommen. Insgesamt 25 Staaten dürfen es weiterhin zur Bekämpfung von Malariamücken verwenden. Die Gastgeber hatten zuvor lautstark darauf hingewiesen, dass es mangels entsprechender Forschung in den Laboren der Ersten Welt bislang kein vergleichbar billiges und wirksames Mittel gebe, um die Moskitos zu bekämpfen.
Eine weitere Ausnahme gilt für PCB, das vor allem in elektrischen Transformatoren verwendet wird. Einige Regierungen erhielten eine Übergangsfrist von 25 Jahren, in denen sie die Geräte weiter benutzen dürfen, wenn sie garantieren, dass keine Schadstoffe austreten. Auch die Abfallprodukte Furan und Dioxin sollen lediglich schrittweise abgebaut werden mit dem Ziel, dort, wo es praktikabel erscheint, ihre völlige Eliminierung zu erreichen.
Heftigen Streit gab es auf der Konferenz vor allem über zwei Fragen: die Finanzierung des Verbots und das Vorsorgeprinzip. Zwar hatte die Umweltorganisation WWF in einer Studie zeigen können, dass Pops mittlerweile auf der ganzen Welt ein ernstes Problem sind und schwere gesundheitliche Schäden bei Menschen und Tieren hervorrufen. Zudem belegt eine Studie von Greenpeace, dass die Dritte Welt und insbesondere Afrika als Müllhalde der Entsorgung fungieren. Gleichzeitig ist in diesen Ländern das Problembewusstsein gering. Angesichts von Armut, Hunger und Krieg erscheint vielen Afrikanern die Bedrohung durch Umweltgifte als ein Luxusproblem. Dennoch scheiterte die Formulierung Vorsorgeprinzip am Widerstand der USA und Australiens. Im Vertrag ist nun lediglich die Rede von einem Vorsorgeprozess oder schlicht Vorsorge.
Bis zum Schluss stritten vor allem die Entwicklungsländer erbittert über Modalitäten der Finanzierung, die in Einzelheiten erst noch festgelegt werden müssen. Welche Folgekosten das Verbot für Industrie und Regierungen haben wird, mochte gestern noch niemand einschätzen.
Langfristig werden es Milliarden Dollar sein, sagte WWF-Direktor Clifton Curtis gegenüber der taz. Zugleich begrüßte er jedoch, wie fast alle anderen NGO-Teilnehmer, das Ergebnis der Verhandlungen. Es sei das erste Mal, dass synthetische Gifte entweder ganz verboten oder zumindest ihr Gebrauch drastisch reduziert werden.
Auch Greenpeace zeigte sich zufrieden. Es sei ein klares Signal an die Industrie, dass sie sich reformieren und damit aufhören müsse, die Erde als Experimentierfeld für gefährliche Chemikalien zu benutzen, sagte Greenpeace-Mitglied Kevin Stairs.
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