Wüstensand statt Ackerboden

In Bonn beraten seit gestern 170 Länder über die Bekämpfung der Wüstenbildung

BERLIN taz ■ Auf einem Drittel der Erdoberfläche hat das Leben nur wenig Chancen – in der Wüste. 25 Milliarden Tonnen fruchtbarer Boden gehen durch die voranschreitende Wüstenbildung Jahr für Jahr verloren. Diese Fläche entspricht der landwirtschaftlichen Nutzfläche der USA. Die Ursachen liegen in der globalen Klimaveränderung, vor allem aber in der intensiven Landwirtschaft, dem Raubbau an Wäldern und der Überweidung. Betroffen sind nicht mehr nur Länder rund um die Sahara, in Asien oder Lateinamerika. Auch in den Industriestaaten schreitet die Desertifikation (Wüstenbildung) voran. In Spanien etwa sind die ersten Flächen unwiederbringlich verloren. Die Folgen lassen sich an anderen Faktoren ablesen: Immer mehr Menschen flüchten aus den von Dürre bedrohten Hungergebieten in die Nachbarregionen und, zumindest aus den nordafrikanischen Ländern, auch nach Europa.

In Bonn treffen sich seit gestern 2.000 Delegierte aus 172 Staaten, um Strategien zu beraten, wie dem Problem begegnet werden kann. Aber den betroffenen Ländern fehlt meist das Geld. Die Bundesregierung fördert zwar weltweit 250 Projekte mit rund 2,8 Milliarden Mark. Dabei geht es um Aufforstung, aber auch um nachhaltige Landwirtschaft, die die Böden nicht auslaugt. Die Entwicklungsländer fordern zusätzliche Gelder von den Industrienationen. Denn ohne deren Hilfe wird in den betroffenen Regionen keine Wüstenbekämpfung stattfinden. Umweltschutz wird hier oft noch als Luxus gesehen, den man sich nicht leisten kann.

Die Konvention zur Bekämpfung der Wüstenbildung, die United Nation Convention to Combat Desertification (UNCCD), gehört neben der Klimakonvention und der über die Biotop- und Artenvielfalt (Biodiversität) zu den drei wichtigsten Vertragswerken, die aus der Weltumweltkonferenz von Rio 1992 hervorgegangen sind. Sie ist seit 1996 ein völkerrechtlich verbindlicher Handlungsrahmen, der die Zusammenarbeit zwischen Industrieländern und den am meisten von Wüstenbildung betroffenen Entwicklungsländern regelt. Die Wüstenkonvention hat es von den dreien bisher am weitesten gebracht. Während die Konvention zur biologischen Vielfalt stockt und die letzte Konferenz zum Klima in Den Haag vor zwei Wochen zumindest vorläufig gescheitert ist, können die Delegierten in Bonn bis zum 22. Dezember über die Umsetzung eines Vertrages beraten, der seit 1996 gilt und den selbst die USA inzwischen unterzeichnet haben – passenderweise während des Klimagipfels in Den Haag, wo die Vereinigten Staaten größter Bremser auf dem Weg zu einer Einigung über den Kohlendioxidausstoß waren. Das wichtigste Instrument der UNCCD sind die nationalen Aktionsprogramme. Dazu gehört neben dem Erhalt natürlicher Ressourcen auch die Armutsbekämpfung, denn Armut ist nicht nur Folge, sondern auch Ursache von Desertifikation.

Etwa eine Milliarde Menschen sind von den Folgen der Verödung betroffen. Zum Teil sind ganze ehemals fruchtbare Landstriche verschwunden. Besonders stark leiden die Menschen in Afrika, südlich der Sahara. Die Sahelzone reicht vom Senegal bis Somalia und dehnt sich immer weiter gen Süden aus. Der Prozess ist kaum aufhaltbar.

THORSTEN DENKLER