Netanjahu will Comeback

Israels ehemaliger Ministerpräsident will bei Neuwahlen für die Opposition antreten. Wie das gehen soll, ist Gegenstand hektischer taktischer Überlegungen im Likud

JERUSALEM taz ■ Einen Tag nach Benjamin Netanjahus groß angekündigtem politischem Comeback ist noch immer offen, ob der ehemalige israelische Ministerpräsident überhaupt zu der Wahl eines neuen Regierungschefs im kommenden Februar antreten kann. Denn derzeit ist er nicht Mitglied der Knesset, eine Voraussetzung für eine Kandidatur bei einer Wahl, bei der nur der Ministerpräsident, nicht aber zugleich ein neues Parlament gewählt wird.

Als Netanjahu gerade rechtzeitig zu den Sendezeiten der Hauptnachrichtensendungen im Fernsehen seine Kandidatur ankündigte, wirkte er in alter Form. Mit gekonnter Retorik verurteilte er die Politik von Ministerpräsident Ehud Barak, die das Land in eine „tiefe Krise“ geführt habe. Nur ein neues Parlament und ein neuer Regierungschef könnten Rettung bringen. Seine eigene Politik sei die richtige gewesen, deshalb gelte es, dahin zurückzukehren. Unter seiner Führung habe es „weder Terror noch Gewalt“ gegeben, meinte Netanjahu und vergaß offensichtlich die schlimmen Unruhen nach der Tunnelöffnung am Tempelberg und die Serie von Attentaten, nachdem seine Regierung über den Bau einer neuen Siedlung auf dem Har Homa entschieden hatte.

Während der Parteitag der Arbeitspartei einstimmig Ehud Barak als Kandidaten für die Premierministerwahlen bestimmte, steht die parteiinterne Wahl beim Likud noch aus. Die Zeit drängt, denn innerhalb von zwei Wochen müssen, laut Wahlgesetz, die Listen ihre Kandidaten benennen.

Politische Beobachter vermuten, dass Netanjahu die parteiinternen Wahlen gewinnen wird, selbst auf die Gefahr hin, dass eine Kandidatur nicht möglich ist. So werde, so berichtet die Tageszeitung Ha’aretz, Druck auf die noch unschlüssigen Abgeordneten im nationalen Lager ausgeübt, in zweiter und dritter Lesung für die Knessetauflösung zu stimmen, damit der oppositionelle Likud nicht ohne Kandidat für das Amt des Regierungschefs dasteht. Die orthodox-orientalische Schass-Partei hat sich für eine Gesetzesänderung ausgesprochen, die Netanjahu eine Kandidatur ermöglicht, ist jedoch in der Frage der Knesset-Auflösung zurückhaltend. Die Schass würde, Umfragen zufolge, bei Neuwahlen mindestens drei Mandate verlieren.

SUSANNE KNAUL