Die Königsmacher

■ Auf dem Spielplatz des Kindergartens der Friedensgemeinde entstehen derzeit Fantasien in Stein / Auch die ABM-geförderten Bauleute arbeiten künstlerisch

In diesem Fall sind es nicht – wie im berühmten Kinderlied – die Kurzen selbst, die fleißig Hand an ein neues Gebäude legen. Auf dem Gelände der Kindergartens der Friedensgemeinde, zwischen Humboldtstraße und Lessingstraße setzen derzeit sechs durch ABM und andere Mittel geförderte Handwerker unter der Leitung des Künstlers Jub Mönster Stein auf Stein. Neben Sandkasten, Rutsche und Klettergerüst verwachsen kantige Säulen aus roten Klinkern und glitzergrauem Granit, eine überdimensionale Kugelbahn, Mosaiken, eingelassen in unregelmäßige Mauern zu einer steinernen Fantasielandschaft. Nicht zuletzt entstehen Throne, mindestens drei und ein jeder reich besetzt mit glitzernden Edelsteinen und güldenem Schmuck. In Wirklichkeit Spiegelscherben und Fliesenbruch – aber welchen Ritter, welchen Räuber, welche Spielplatzkönigin interessiert schon die Wirklichkeit?

Jub Mönster – bis jetzt in Bremen eher durch Wandbilder, zum Beispiel die gemalte Geschichte von Werder Bremen in der Hemelinger Straße bekannt – glaubt jedenfalls, dass Kinder fantasievoll genug sind, um ohne den pädagogischen Holzhammer auszukommen. „Wir verbauen auf dem Spielplatz ganz unterschiedliche Steine. Die Kinder werden schon merken, dass sich das alles auch verschieden anfühlt.“

Margitta Gaßmann, Leiterin des Kindergartens, ist vor allem vom Kontakt zwischen Bauleuten und Kindern begeistert. „Die Handwerker begüßen die Kinder mit ,Morgen Kollege' und die Kinder kennen umgekehrt die Namen der Arbeiter genau.“ Dabei sind die gar nicht so leicht zu merken. Samko Wassili kommt aus Kirgisien, Abderrahmane Karim aus Marokko, zwei Deutsche und zwei Kurden machen die Mannschaft komplett. Eine gute Gruppe? „Die Beste“, sagt Ex-Knacki Joachim Kreller, einer der vom kirchlichen Beschäftigungsträger „Neue Arbeit der Diakonie“ in dieses Projekt vermittelten Handwerker. Dass die Gruppe so gut funktioniert, hat nach Jub Mönsters Ansicht viel mit der selbstständigen Arbeit auf der Kindergartenbaustelle zu tun. So hat jeder der Bauleute eine Säule gestaltet und Ideen eingebracht; Mönster hat seine eigenen Vorstellungen für ein Wandmosaik kurzerhand über Bord geworfen, als Samko Wassili mit einem wunderschönen Entwurf ankam. Jetzt bastelt er mit Liebe an seinem aus klitzekleinen kunterbunten Fliesenbruchstücken zusammengesetzten Vogel. Assoziationen mit dem Wiener Künstler Hundertwasser oder auch mit Antonio Gaudìs unwahrscheinlichen Gebäuden sind durchaus angebracht. Die eigentliche Anregung aber kam aus Frankreich, genauer aus der Nähe von Lyon: Dort hat der Postbote Ferdinand Cheval nach jahrzehntelanger Arbeit den Beruf an den Nagel gehängt, um aus den Steinen, die er auf seinen Posttouren gefunden hat, ein Schlösschen zu bauen. Auf bremisch gewendet heißt das, Mönster hat bei Ziegeleien, Steinmetzen und Fliesenherstellern um Spenden gebettelt. „Das war natürlich auch nervig“, hat ihn aber letzlich auf neue Ideen gebracht. Mönster würde gerne weiterbetteln: bei Fahrgeschäfteherstellern um ausgediente Auto-Scooter und Karusells für einen Freimarktsspielplatz, bei Hafenfirmen für einen Hafenspielplatz. Kleine Themenparks eben, anstatt dem „immergleichen Standard aus dem Katalog“. hey