Let the sun shine in your plattenbau

Das erste Gütesiegel für thermische Solaranlagen gibt eine „Sonnenscheingarantie“. Die Beteiligten hoffen auf den Durchbruch der Sonnenenergienutzung auf Berlins Mietshausdächern. In zehn Jahren soll die Kollektorfläche verzehnfacht werden

Nun steht der Durchbruch für Solartechnik kurz bevor

von OLIVER VOSS

Design- und Schönheitspreise wird es voraussichtlich nicht gewinnen, das erste Gütesiegel für thermische Solaranlagen. In einem einfachen babyblauen Kreis und Balken findet sich die Aufschrift „Gütesiegel“, wofür oder von wem es Qualität besiegelt, erkennt erst einmal niemand.

Doch es zählt ja nicht immer der äußere Schein, die Fakten zumindest sprechen für das neue Garantieinstrument. Kernpunkt ist dabei eine Ertragsgarantie, mit der Bedenken von Investoren in Solaranlagen minimiert werden. Der mit dem Gütesiegel verbundene Garantievertrag sichert den Nutzern einen vorher ermittelten Mindestertrag an Wärme zu. Bei Nichterfüllung kommt es zu Ausgleichszahlungen und Nachbesserungen der Anlage, so soll das Vertrauen von Investoren in Solartechnik erhöht werden.

In Städten wie Berlin ist die Skepsis von Wohnungsbaugesellschaften gegenüber der Kosten-Nutzen-Relation von Solartechnik bisher das größte Hindernis. Von schätzungsweise 3.000 Solaranlagen befinden sich gerade mal einhundert auf den Dächern von mehrgeschossigen Mietshäusern, erläutert Uwe Hartmann, Geschäftsführer der Deutschen Gesellschaft für Sonnenenergie e. V. (DGS). Der DGS hat das Gütesiegel in enger Zusammenarbeit mit der Wohnungswirtschaft und der Unternehmensvereinigung Solarwirtschaft e. V. (UVS) entwickelt. Nun hoffen die Initiatoren, das Missverhältnis zwischen Ein- oder Zweifamilienhäusern und Mietwohnungen zu verringern. UVS-Geschäftsführer Carsten Körnig zumindest ist sich sicher, dass noch „ein enormes Potential“ zu erschließen ist.

Das Gütesiegel gilt für solarthermische Anlagen, die der Warmwasserbereitung und Heizungsunterstützung dienen. Für die Strom erzeugende photovoltaische Technik soll im Laufe des nächsten Jahres ein ähnliches Siegel hinzukommen, kündigtePhilipp Spitzmüller, der Projektleiter „Gütesiegel“ bei der DGS an. Der Diplomingenieur für Maschienenbau erläutert die Umsetzung des Gütesiegels für „garantierten Sonnenschein“. Anhand des individuellen Warmwasserverbrauchs und statistischen Temperatur- und Strahlungsdaten ermittelt ein Simulationsprogramm die zu erwartende Wärmemenge. Schwankungen durch schlechte Sonnenjahre werden berücksichtigt, indem der Garantieertrag nur mit 90 Prozent dieser Menge beziffert wird. Der Vertrag besitzt eine einjährige Gültigkeit und sichert die Überwachung der Anlage und wenn nötig Nachbesserungen und Ausgleichszahlungen. „Nun steht der Durchbruch für Solartechnik kurz bevor“, glaubt Uwe Hartmann, die „Solarverbände haben sich jedenfalls eine Verzehnfachung der Kollektorfläche in den nächsten zehn Jahren zum Ziel gesetzt.“

Hoffnungsvoll zeigt sich auch die Wohnungswirtschaft. „Ich bin sehr optimistisch bezüglich der angepeilten Verzehnfachung“, sagte Siegfried Rehberg, Vertreter von etwa 400 Wohnungsbaugesellschaften im Verband Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen e. V.

Der durchschnittliche Preis für Heizung und Warmwasser von 1,52 Mark in Berlin reduziert sich durch Einsatz der Sonnenstrahlsammler auf 87 Pfennig. Diese annähernde Halbierung war ein Hauptgrund für die Wohnungsgenossenschaft Merkur, auf Solartechnik zu setzen. Das Unternehmen verwaltet 42 Gebäude mit rund 1.600 Wohnungen in Berlin, davon wurden 9 mit Solaranlagen bestückt. Auf dem Dach eines ihrer Mietshäuser in der Michelangelostraße im Bezirk Prenzlauer Berg steht die erste Solaranlage mit Gütesiegel. Damit ist der Markt für Solaranlagen in Mietwohnungen eröffnet, erklärte Gerd Boström, von der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, die das Projekt finanziell unterstützt.

Da die Nutzer von Solartechnik jedoch immer noch auf Zuschüsse angewiesen sind, werden trotz Gütesiegeln die „Solaranlagen nicht wie Pilze auf den Dächern wachsen“, so Projektleiter Spitzmüller. Er denkt, dass im nächsten Jahr vielleicht 10 bis15 Anlagen gebaut werden. Doch wenn auch zukünftig öffentliche Fördermittel für die Nutzung von Sonnenenergie fließen, könnte sich langfristig die Hoffnung des DGS-Geschäftsführers Uwe Hartmann erfüllen: „Es sollte selbstverständlich werden, bei der Modernisierung Solaranlagen zu installieren“.