Endlich Rentengerechtigkeit: Weniger für alle

Wer alt wird, hat selber Schuld – wer noch älter wird, zahlt Strafe: So funktioniert die dynamisierte Rente. Laut Modell zumindest

BERLIN taz ■ Das neue Rentenmodell kürzt nicht mehr nur bei den Rentnern, die ab 2011 in Rente gehen, sondern bei allen. Nun also sollen alle gleichermaßen bei einem Rentenniveau von 67 Prozent landen. Der Ausgleichsfaktor, der denjenigen, die ab 2011 neu in Rente gingen, Abzüge beschert hätte, ist damit gestorben.

Für das neue Modell muss die Formel geändert werden, nach denen das jeweils aktuelle Rentenniveau berechnet wird: Die Renten richten sich in jedem Jahr nach dem Lohnniveau. Von diesem fiktiven Durchschnittslohn werden alle Rentenabgaben abgezogen. Dann greift ein kompliziertes Rechensystem, das die Einzahlungen der Rentner mit dem aktuellen Nettolohn verrechnet. Heraus kommt die faktische Rente.

Das neue Modell kürzt diese Rente herunter: Es legt schlicht nicht mehr 100 Prozent des aktuellen Lohnniveaus zugrunde, sondern nur noch 75 Prozent. Damit werden ab 2011 alle Renten gleichermaßen gesenkt.

Der Ausgleichsfaktor dagegen sah vor, dass es bei der alten Formel bleibt. Nur hätten diejenigen, die ab 2011 in Rente gehen, einen Abschlag hinnehmen müssen: Wer 2011 gegangen wäre, hätte 0,3 Prozent weniger bekommen, wer 2012 gegangen wäre, 0,6 Prozent – und so weiter bis zum Jahr 2030, in dem 6 Prozent weniger Rente an die neuen Rentner ausgezahlt worden wäre. Ihr Rentenniveau wäre bei 64 Prozent angekommen, während die alten Rentner noch 68 Prozent bekommen hätten.

Begründet wurde der Ausgleichsfaktor damit, dass die jetzt Berufstätigen noch genügend Zeit hätten, ihre Privatvorsorge aufzubauen, deren Anteil am Altersgeld von Jahrgang zu Jahrgang steigen würde. Ungerecht gegenüber der jungen Generation nannte man das, weil die Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung weiterhin für alle gleich geblieben wären: Die Jungen hätten also nach wie vor einen Beitrag von etwa 22 Prozent in die Rentenkassen eingezahlt, aber noch privat vorsorgen müssen. Trotzdem hätten sie weniger an Rente herausbekommen.

Die wunderbaren 67 Prozent für alle stehen allerdings nur auf dem Papier: Unter den Ausgaben, die in der Formel von den Löhnen abgezogen werden, sind nämlich auch die stetig steigenden Beiträge für die private Vorsorge: Je mehr die zukünftigen Rentner dort einzahlen, desto mehr wird auch in der Berechnung der Renten abgezogen. Das faktische Niveau der Renten landet deshalb bei 65 Prozent. Und die bekommt nur, wer durchschnittlich verdient und 45 Jahre lang in die Rentenkassen eingezahlt hat, der so genannte Eckrentner. Das aber sind schon heute nur noch die Hälfte aller Männer und nur knapp vierzig Prozent aller Frauen. HEIDE OESTREICH