Ein Betrieb mit manchen Geheimnissen

Imagetransfer oder Firmenpolitur? Für eine Ausstellung in Hamburg hat der BMW-Konzern 20 FotokünstlerInnen zur Zusammenarbeit eingeladen

„My BMW is pretty important to me, but it’s a lot of work to keep it clean.“ Mit diesem Satz zitiert die englische Künstlerin Gillian Wearing in ihrer Fotoarbeit den BMW-Besitzer Paul, den sie per Zeitungsanzeige gefunden hat. Ihre „Rituals of Ownership“ gehören zu den 20 Arbeiten, die in der von BMW Financial Services in den Hamburger Deichtorhallen initiierten Ausstellung „AutoWerke“ zu sehen sind.

Die Arbeiten sind das Ergebnis eines Auftrags von BMW, seine Unternehmenskultur von Künstlern aus dem Bereich der Fotografie reflektieren zu lassen. Das Selbstverständnis in der Autoproduktion – „hoher technischer Standard“, „hochwertiges Design“, „Spaß am Fahren fördern“ – sollte um die „Kompetenz im Sektor Kunst“ ergänzt werden, führt der BMW-Vorstand Günter Lorenz aus. Der Konzern stellte ein amerikanisches und ein deutsches Kuratorenteam zusammen, die jeweils zehn KünstlerInnen auswählten. Deren Konzepte wurden zum überwiegenden Teil in den Betrieben von BMW realisiert – „auch um intern die Kommunikation zwischen Mitarbeitern und Künstlern zu fördern“, wie eine Kuratorin erläutert. Bei einigen Aufnahmen beschleicht den Betrachter jedoch eher der Eindruck, als seien die Stars aus der Kunstszene hinter einer Phalanx von Leitungskräften an dem Werkalltag vorbeigerauscht.

Gerade in Auftragswerken sieht der Kunstkritiker Eduard Beaucamp eine Chance, der Tendenz einer widerstandsfreien Kunst zur Banalisierung und Selbstentmachtung eine Wendung zu geben. „Die Kunst kann nur gewinnen und wachsen“, schrieb er unlängst in der FAZ, „wenn sie versuchsweise neue Bündnisse und Vermittlungen erprobt, wenn sie Aufgaben und Aufträge nicht verschmäht und dabei den langen Marsch durch die Institutionen nicht scheut.“

Dieses Potenzial ist weder von den Beauftragten noch von BMW erkannt worden. Die Arbeiten blieben innerhalb des ästhetischen Rahmens der edlen Automarke, und auch BMW wollte anscheinend lediglich seine bereits vorhandene Sicht hochkarätig sublimiert bekommen. Themen wie Umweltzerstörung oder die Gefahren des Autos erschienen einfach zu banal und zu brachial, meinten einige Künstler und ein Kurator unisono.

Anders als etwa bei Hans Haackes Auftragswerk „Der Bevölkerung“ für den Deutschen Bundestag hat sich in „AutoWerke“ der Eigensinn des Künstlers offensichtlich vollkommen entleert. Das letzte Wort behielt sich BMW ohnehin vor: In dem Tableau des Künstlers Todd Eberle, der die Arbeitsplätze von drei Autodesignern ihren privaten Wohnumfeldern gegenüberstellte, wurden zwei Bilder wegen Verletzung des Betriebsgeheimnisses entfernt.

Damit ist die einzige Auffälligkeit der Ausstellung – zwei leere Bildflächen – schon benannt. Ansonsten reiht sich der Auftrag in die Vita der ausgewählten Künstler ein: Thomas Struth hat sich für zwei Straßenfluchten entschieden, Wolfgang Tillmans setzt sein Interesse für Oberflächen mit Tropfen auf silbernem, rotem und blauem Blech fort. Da kommt die Idee von Nina Fischers und Maroan el Sanis Video, mit Hilfe eines Navigationssystems das BMW-Logo grafisch in den Straßen Roms nachzufahren, der alltäglichen Sicht aufs Auto am nächsten. Trotzdem ist kaum anzunehmen, dass einer der „Auftragnehmer“ zu seinem abgelieferten Werk stehen wird wie Gillian Wearings BMW-Fahrer Paul zu seinem Vehikel: „I am very proud of it.“ MICHAEL KASISKE

Bis 4. 2. 2001, Deichtorhallen Hamburg, Katalog, 2 Bände, 78 DM