die stimme der kritik
: Betr.: Plakatkampagnen gegen rechts

Bayern raus? Aber ja!

Mephistophelesgleich überziehen wohlmeinende Institutionen Deutschland zurzeit mit Plakataktionen. Als Teil von jener Kraft, die stets das Gute will und stets das Böse schafft. Nur, dass es bei Mephisto umgekehrt war. Und so wirken die Plakate auf das politische Bewusstsein, und es ist gar nicht so einfach, klaren Kopf zu bewahren. Ich, zum Beispiel, wäre beinahe in die NPD eingetreten.

Noch widersetzen konnte ich mich den Plakaten der Werbeagentur Scholz & Friends: Ein Schwarzer trägt ein T-Shirt mit der Frakturaufschrift „Ich bin stolz, ein Deutscher zu sein“. Sicher, ästhetischer ist das schon, als wenn ein pickliger 17-Jähriger mit Glatze das T-Shirt an hat. Und auch den Ansatz der Werbeagentur, den Rechten die Parolen wegzunehmen, finde ich interessant, Sieg Heil. Aber überzeugen kann mich der Spruch trotzdem noch nicht. Was du ererbt von deinen Vätern, erwirb es, um es zu besitzen? Ich bin mir da nicht sicher.

Da kann ich Regina Halmich schon eher zustimmen. Die Boxweltmeisterin ist derzeit auf Plakaten der Bundeszentrale für politische Bildung und der Deutschen Sportjugend zu sehen. Und findet es dort feige, wenn sich mehrere auf einen stürzen, und das finde ich auch. Vielleicht könnte man stattdessen vor jedem Brandenburger Bahnhof einen Boxring aufstellen. Dann lassen sich die bestehenden Konflikte sportlich fair Mann gegen Mann austragen. Oder auch gerne Frau gegen Frau, Frau Halmich. Hauptsache, nicht zwei gegen einen. Denn das ist ja feige. Und eine Deutschlandfahne hat vor den Bahnhöfen bestimmt auch jemand dabei. Wie Sie auf ihrem Plakat.

Wirklich überzeugend finde ich aber das andere Plakat der Bundeszentrale, bundesweit mehr als 3.500-mal geklebt. „Ausländer raus?“, heißt es da neben der Darstellung eines stilisierten Fußballfeldes. Auf dem grünen Plakatrasen sind die vier Bayernspieler Kahn, Effenberg, Jeremies und Scholl allein. Kein Lizarazu, kein Salihamidzic. Für die Bundeszentrale Menschen, „die in unserer Mitte leben und arbeiten“. Und damit habt Ihr mich, Bundeszentrale. Hier bin ich Mensch, hier darf ich’s sein. Ich sage Ja zu eurem Plakat. Wenn die Bayern dann wirklich nur noch zu viert antreten, sage auch ich: Ausländer raus. Dafür verzichte ich sogar auf meinen türkischen Gemüsehändler. Und auf den Araber, der mir meine Drogen verkauft. Hauptsache, Unsympathen wie Giovane Elber und Sammy Kuffour sind endlich weg.

PHILIP MEINHOLD