Wenn der Mirow nächtens klingelt: Standortsenat von Urteil kalt erwischt

Es war ihnen anzusehen, dass sie kalt erwischt worden waren. Bürgermeister Ortwin Runde und sein Wirtschaftssenator Thomas Mirow (beide SPD) räumten gestern Nachmittag im Rathaus ein, vom VG-Urteil überrascht worden zu sein. Um Mitternacht habe Mirow ihm telefonisch die vernichtende Nachricht überbracht, sagte Runde und stellte fest, dass „der Hindernislauf wohl noch nicht zu Ende ist“.

Wie groß die neuen Hürden sind, vermochten die beiden noch nicht abuzuschätzen. Mirow war am Montag gegen 23.30 Uhr vom Urteil in Kenntnis gesetzt worden und hatte daraufhin seine engsten Berater zu einer dreistündigen Krisensitzung in der Wirtschaftsbehörde zusammen getrommelt. Es sei „kein schwarzer Tag“, so seine vorläufige Interpretation, „aber eine sehr ernste Sache“.

Denn der Senat, der gestern eigentlich den Baubeginn im Mühlenberger Loch verkünden wollte, kann sich keinen Zeitverzug leisten. Die Pläne von Airbus bedeuteten „einen extrem hohen Zeitdruck“, räumte Mirow ein: „Es zählt jeder Tag.“ Die Stadt muss dem größten Flugzeugbauer Europas garantieren, dass bis zum 31. August nächsten Jahres 140 Hektar Süßwasserwatt in erschlossenes Bauland umgewandelt wird. Wenn sie das nicht könne, gab Mirow auf Nachfrage zu, „besteht die Gefahr, dass der A3XX vollständig in Toulouse endmontiert wird“.

Damit wären alle Hoffnungen auf die versprochenen Arbeitsplätze und das Prestige, eines der vier bedeutendsten Luftfahrtzentren auf den Globus zu sein, in den Sand gesetzt: Aus Sicht des Senats ein standortpolitisches Fiasko ausgerechnet im Wahljahr.

Solch defätistische Worte aber sprachen weder Bürgermeister noch Wirtschaftssenator aus. Sie würden Hamburgs Bewerbung für den Bau des Riesen-Fliegers „in vollem Umfang fortführen“ und als allererstes „Beschwerde beim Oberverwaltunsgericht einlegen“.

Bis zum 3. Januar haben sie Zeit, der nächsthöheren Instanz wasserdichte Argumente zu liefern. Mit einer Entscheidung der Kammer ist demnach frühestens Ende Januar zu rechnen. Und die bezieht sich nur auf den vorläufigen Rechtsschutz der KlägerInnen. Das Hauptsacheverfahren vor dem VG aber, so Gerichtssprecherin Angelika Huusmann, „kann Monate dauern“.

Der Aufsichtsrat von EADS beschloss übrigens gestern in Toulouse offiziell, den Riesenvogel tatsächlich zu bauen. Und ihm einen neuen Namen zu geben: A380. Wenn das man hilft. smv