Türkische Polizei beendet Todesfasten mit Gewalt

16 Tote bei Sturm auf 20 Gefängnisse im ganzen Land. Hungerstreik gegen neue Haftbedingungen sollte gebrochen werden. Anhaltender Widerstand in einzelnen Haftanstalten

ISTANBUL taz ■ Polizei und Militär haben gestern in der Türkei 20 Gefängnisse gestürmt. Nach offiziellen Angaben von gestern Abend gab es dabei insgesamt 16 Tote. Bei den Opfern handele es sich um 14 Häftlinge und zwei Polizisten. Die Regierung wollte mit der Aktion den seit mehr als zwei Monaten andauernden Hungerstreik in 48 Gefängnissen des Landes beenden. Die Häftlinge protestieren mit dem „Todesfasten“ gegen eine geplante Gefängnisreform. Beim Eindringen der Sondereinheiten setzten sich Inhaftierte mit Benzin in Brand. Mindestens zwei von ihnen erlagen dabei ihren Verletzungen.

Bis zum gestrigen Abend hatten sich in zehn der zwanzig Gefängnisse die Gefangenen verbarrikadiert und den Soldaten erbitterten Widerstand geleistet. Inhaftierte in Istanbul sollen Schusswaffen eingesetzt haben.

Der Anlass des Hungerstreiks ist die drohende Verlegung der Gefangenen in neue Gefängnisse, in denen sie nicht wie bisher in Großraumtrakten, sondern in Einzel- oder Dreimannzellen untergebracht werden sollen. Bis zum Nachmittag holte die Polizei 146 Hungerstreikende aus den Gefängnissen heraus. Dutzende Sympathisanten der Hungerstreikenden demonstrierten gestern vor dem türkischen Generalkonsulat in Hamburg. In der Schweiz drangen Unterstützer ins Berner Parlamentsgebäude ein, in Frankfurt am Main wurde ein SPD-Büro besetzt. Das Antifolterkomitee des Europarats plant einen Besuch in den betreffenden Gefängnissen. JG

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