klonen jetzt erlaubt
: Die Umwertung der Werte

Replacement Technologies – so heißt der Biotech-Konzern in Arnold Schwarzeneggers „The 6th Day“. Die Firma betreibt scheinbar das Verlustgeschäft, verstorbene Haustiere zu klonen, um in Wirklichkeit die Regierung zu unterwandern – mit willigen Klonen heimlich exekutierter Politiker. Angesichts dieser technischen Fantasie wirkt die jüngste Beigeisterung über die reale Sequenzierung des Genoms der Ackerschmalwand ein wenig überspannt. Aber solche Erfolgsmeldungen werden gezielt gestreut, damit die Politik das ihre tut. Nicht nur Unkraut, sondern der Mensch selbst wird unter seine eigene Verfügungsgewalt geraten.

Kommentarvon SEBASTIAN HANDKE

Das britische Unterhaus billigte ein Gesetz, das das Klonen von Embryonen erlaubt, die nicht älter als 14 Tage sind. Das heißt in den Augen der Abgeordneten: kein menschliches Leben im engeren Sinne. Der Wettbewerb über die Definition von Leben ist offiziell ausgerufen.

Wenn die Briten nun den Weg frei machen, dann wollen auch deutsche Forscher und Pharmakonzerne auf den Zug mit aufspringen. Und Schröder ließ sich nicht lange bitten. Schon warnt er vor „ideologischen Scheuklappen“. Es wird nicht allzu lange dauern, bis auch in Deutschland die Diskussion so richtig losbricht. Inzwischen wird bei Forschern laut darüber nachgedacht, eine Gesetzeslücke zu nutzen und entsprechendes Material zu importieren.

Eine internationale Lösung wäre dringend nötig. Die aber wird es kaum geben. Zu wenig hat der Plauderton von Ethikkommissionen dem brüllenden Wettbewerb um die Zukunftsindustrie Biotech entgegenzusetzen. Wenn sich die ersten Erfolge in britischen Labors einstellen – ob es dann beim deutschen Gesetz bleibt?

Selbst in jenen Fällen, wo es nicht um das Material für eine Gewinn bringende Zukunftsindustrie geht, schreitet die Verfügung über das, was „Mensch“ und was „Leben“ ist, voran. Die Niederlande sind seit Anfang März das einzige Land der Welt, in dem Sterbehilfe legal ist. Die Zustimmung des niederländischen Parlaments ist ohnehin nur die Legitimation einer längst gängigen Praxis. Und vor dem obersten französischen Gericht bekommt der schwer behinderte Nicolas Perruche Schmerzensgeld zugesprochen, weil er trotz der Rötelninfektion seiner Mutter nicht abgetrieben wurde. Umwertung der Werte: Der Arzt wird verurteilt, weil er seine Verfügungsgewalt über das Leben nicht genutzt hat.

Freier Journalist in Berlin