Werder Bremen ist in „Seenot“ geraten

■ Andi Herzog stocksauer: „Bin unnötig wie ein Kropf. Wir spielen Scheißdreck zusammen!“

München – Der SV Werder auf Schlingerkurs, Andreas Herzog stinksauer – ausgerechnet zum Fest ist der Weihnachtsfrieden in Bremen dahin. „Das Schiff Bremen ist in Seenot geraten“, beurteilte Werder-Torwart Frank Rost die Lage nach dem trostlosen 0:0 bei der SpVgg Unterhaching am Mittwochabend. Noch drastischer drückte sich Spielmacher Herzog aus und stellte sogar seinen Arbeitsplatz zur Disposition. „Seit eineinhalb Jahren spielen wir in Bremen diesen Scheißdreck zusammen. Ich glaube, ich bin hier so unnötig wie ein Kropf“, schimpfte der Österreicher.

Werders Clubchef Jürgen L. Born reagierte gestern gelassen auf die Ausfälle von Herzog: „Ich habe mich über seine Kritik nicht erschrocken. Andy hat alles gegeben. Es ist aber nicht sein Spiel, wenn wir nur mit einem Stürmer operieren müssen. Ein Profi, der ausgewechselt wird, darf nicht zufrieden sein.“ Born kündigte an: „Ich werde zu Beginn des neuen Jahres mit ihm ein Gespräch führen. Dabei werde ich versuchen, alle Unebenheiten auszuräumen. Wir benötigen für die schwere Rückrunde nach der Winterpause zufriedene Spieler.“

Rein sportlich haben die Hanseaten zwar im letzten Spiel des Jahres den Hafen erreicht, doch das rettende Ufer ist für den Tabellen-Zwölften noch fern. „In der Winterpause brauchen wir eine Überholung“, sagte Rost nach dem Nachholspiel der abgesagten Nebel-Partie vom 15. Spieltag. Vorerst brauchen die Bremer wohl ein bisschen Frieden. Trainer Thomas Schaaf zeigte sich überrascht über den Ausbruch von Herzog, der in der 69. Minute nach einem kurzen verbalen Schlagabtausch mit ihm vom Feld musste. „Mit den Aussagen kann ich nichts anfangen, das ist mir zu pauschal“, so der 39-jährige Fußball-Lehrer: „Als wir in der letzten Saison Erfolg hatten, habe ich solche Worte nicht gehört.“

Dankbare Abnehmer für seinen frustrierten Spielmacher würde Schaaf offensichtlich schnell finden. „Wenn du ihn nicht willst, ich nehme ihn gern“, sagte der Unterhachinger Trainer Lorenz-Günther Köstner augenzwinkernd zu seinem Kollegen.

An der chancenarmen Begegnung, die über weite Strecken Abstiegsniveau erreichte, hatten beide Trainer wenig auszusetzen. „Priorität hatte, zu Null zu spielen. Damit muss man zufrieden sein“, sagte Schaaf, dem in Bayern sieben wichtige Stammspieler fehlten. „Mehr ist im Moment nicht drin“, verteidigte er seine ausgezehrte Mannschaft, die innerhalb von zehn Tagen vier Spiele absolviert hatte. Was die 8.500 Zuschauer bei eisigen Temperaturen im Sportpark zu sehen bekamen, erinnerte an einen „Nichtangriffspakt“.

In der trostlosen Partie gab es eine einzige zwingende Torchance für die Hanseaten – durch Marco Bode nach 55 Sekunden. Die Unterhachinger agierten zwar mit deutlich mehr Zug zum Tor, doch zu einem Geschenk für die Fans konnte auch die SpVgg sich nicht durchringen. Immerhin gehen die Hachinger nach dem müden Kick in ihrem zweiten Bundesliga-Jahr auf einem guten 13. Platz in die Pause. Die Bilanz der Trainer könnte gegensätzlicher nicht sein. „Für uns war das ein Super-Jahr“, resümierte Köstner. Kollege Schaaf klang da viel sorgenvoller: „Es geht uns jetzt schlecht, aber da müssen wir durch.“

Dieses schwache Abschneiden sowohl in der Fußball-Bundesliga, als auch das Ausscheiden aus den Pokal-Wettbewerben, das unsportliche Auftreten der Profis und die öffentliche Kritik der Spieler Rost sowie Herzog haben Sportdirektor Klaus Allofs vom SV Werder Bremen in der laufenden Saison nicht gepasst. „Diese Vorrunde ist allen an die Nerven gegangen. Ich kann die verbalen Ausfälle einiger Spieler deshalb verstehen. In Zukunft sollten sie sich bei ihren Äußerungen jedoch besser unter Kontrolle haben“, sagte der Ex-Nationalspieler gestern und meinte damit insbesondere Andreas Herzog.

Der Österreicher hatte in einem Interview bei „Premiere World“ nach dem Nachholspiel bei der SpVgg Unterhaching (0:0) kritisiert: „Wir spielen seit 18 Monaten einen Scheißdreck zusammen. Wir spielen hier nur Wischiwaschi. Ich weiß nicht, was ich hier noch soll.“ Allofs will mit dem Ex-Kapitän vor Beginn der Rückrunde nach der Winterpause zusammen mit Clubchef Jürgen L. Born ein Gespräch führen, um alle Ungereimtheiten auszuräumen. „Andy schöpft allerdings nicht seine Möglichkeiten aus. Er gehört bei uns zu den Topspielern, die auch entsprechend bezahlt werden. Deshalb ist für ihn auch die Messlatte entsprechend hoch angelegt“, erklärte Allofs.

Werders Sportdirektor ging in einem Interview mit dem Fußball-Fachblatt „Kicker“ auch auf die Personalsituation des Vereins ein. „Ist kurzfristig ein Stürmer zu haben, dann werden wir handeln. Das hängt aber auch davon ab, wer uns verlässt.“ Ob Juri Maximow den Bremern den Rücken kehrt, konnte Allofs noch nicht bestätigen: „Es fanden Gespräche statt, die aber ohne Ergebnis endeten.“ Die Zielsetzung des SV Werder ist auch bescheiden geworden. Für den Sportdirektor wäre das Erreichen des UEFA-Cup-Wettbewerbs über den UI-Cup schon ein Erfolg.

Jeti / Hans-Joachim Zwingmann/dpa