Selber schreiben

Briefpapier, Füller, Tinte, Laune, Lust – oder Internet, 39,90 bis 49,90 DM

Es ist nicht die erste Weihnacht. Mit den Jahren schwindet das Fantasiepotenzial in Sachen Geschenke erheblich: Die Bücher von heute sind die Schlipse von morgen. Solchermaßen zwei Tage vor Ladenschluss in Panik versetzt, weiß das „Metacrawler“-Suchsystem Internet-Rat : www.romantische-briefe.de von Jürgen Voigtmann und Thomas Neuß. Dort kann man sich Grüße und andere Texte schreiben lassen – der Service reicht von „Liebesbrief“ bis „sorry“ und eben auch „Valentinstag“, „Ostern“ oder „Weihnachten“. Professionelle Ghostwriter kümmern sich um gut gebaute Sätze, der Brief kostet per Nachnahme 49,90 DM oder via E-Mail gegen Vorauszahlung zehn Mark weniger. Klingt viel versprechend. Dann stutzt man aber doch, als zur Probe der „Brief des Monats“ auf dem Bildschirm erscheint. Dort steht: „Liebe Lisa, Die Schale fällt zu Boden und zerbricht... und Du weinst. Auf dem Boden liegen verstreut die Scherben, große und kleine... und Du beugst Dich zu den Scherben nieder und versuchst sie wieder zusammen zu setzen, doch es sind zu viele Scherben. Die Schale ist zerbrochen... und Du weinst.“ Die Kollegin am Tisch gegenüber war von dem Schmus nicht begeistert. Tatsächlich sind die meisten Kunden bei www.romantische-briefe.de Männer. Aber die Idee ist gut: mal wieder schreiben. Selber. Und ganz privat. hf