„Verbietet doch endlich“

BSE-Verdacht in Schleswig-Holstein endgültig ausgeräumt. Wursthersteller kritisiert „Spezialitäten“ aus Risikomaterial  ■ Von Sandra Wilsdorf

Aus manchem Wild- und Geflügelladen oder Fischgeschäft quollen am Sonnabend Schlangen auf die Straße. Während BSE so manchem den Appetit auf Filetsteaks oder Kalbsmedaillons verdorben hat, brachten andere trotzig ihr Traditionsrind auf den Tisch. Aber auch jenseits der weihnachtlichen Tafeln war BSE Thema: Der seit Ende vergangener Woche bestehende Verdacht auf drei neue BSE-Fälle in Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern ist nun endgültig ausgeräumt. Die immunhistologische Untersuchung von Proben der drei Rinder fiel am Montag negativ aus.

Die endgültige Analyse nahm das Landesveterinär- und Lebensmitteluntersuchungsamt in Potsdam im Auftrag des Nationalen Referenzlabors Tübingen vor, nachdem ein Hamburger Labor bei den BSE-Schnelltests zu unklaren Ergebnissen gekommen war und das Referenzlabor auf negativ befunden hatte. Die zwei in Schleswig-Holstein in Verdacht geratenen Tiere stammten von Höfen aus den Kreisen Rendsburg-Eckernförde und Plön.

Unterdessen erhebt Claus Dölling, Mitinhaber der Dölling/hareico-Fleischwerke in Elmshorn, schwere Vorwürfe gegen die Politik. „Was Politiker zum Teil äußern, ist ein Verbrechen an einer ganzen Branche“, sagte er mit Blick auf einen 20-prozentigen Umsatzeinbruch. Viele Unternehmen seiner Branche böten seit Jahren hohe Qualität. Wenn einige Firmen für ihre Wurstsorten noch immer Risikomaterial verwendeten, dann sei dies schließlich von der Politik ausdrücklich erlaubt: „Und wir werden dann mit der Billigleberwurst in einen Topf geworfen.“

Verantwortlich für das deutsche „Lebensmittelbuch“ ist das Bundesgesundheitsministerium. Es bestimmt die erlaubten Zutaten für Nahrungsmittel, unter anderem die Leitsätze für Wurstwaren. Risikomaterial ist danach noch immer erlaubt, vor allem, weil einige regionale Spezialitäten auf Zutaten wie Hirn oder Innereien basieren. „Verbietet doch sowas endlich. Wir brauchen keine so genannten Spezialitäten aus Risikomaterial“, forderte Dölling. Unter dem Imageverlust dieser Nischenprodukte leide die ganze Branche. Ein Sprecher des Bundesverbandes der Fleischwarenindustrie erklärte, dass ab Januar die Leitsätze geändert würden.

Für Dölling kommt diese Reaktion der Gesetzgebung zu spät: „Man hätte viel früher mehr Geld in die BSE-Forschung stecken müssen. Stattdessen wurde uns vorgegaukelt, wir lebten auf einer Insel der Glückseligen.“ Einen stabilen Umsatz könne nur das Vertrauen der Verbraucher garantieren. Dölling glaubt, dass das einem mittelständischen Familienunternehmen wie Dölling/hareico mit 500 Angestellten besser gelinge als den „Wurstgiganten“.