Monika und der Männerknast

Ein Transsexueller darf sich im Gefängnis nicht als Frau kleiden, da ansonsten bei Männern „gewisse Wünsche“ entstehen könnten. Das Bundesjustizministerium sieht keinen Bedarf für eine Regelung, da Transsexuelle eine kleine Minderheit seien

von RALF GEISSLER

Eckehard Maier wäre gerne Monika, aber er darf nicht. Der 39-jährige Transsexuelle sitzt seit September wegen Fahrens ohne Führerschein und Verletzung seiner Unterhaltspflicht im offenen Vollzug in Rottenburg am Neckar. Die ersten Wochen seiner Haft hat er wie gewohnt Frauenkleider getragen und sich geschminkt. „Die Mitgefangenen hatten damit keine Probleme, und die Beamten haben es auch toleriert“, so Maier.

Trotzdem hat ihm der Anstaltsleiter am 5. Dezember Perücke, Schminke und Röcke verboten. „Wir sind eine Strafvollzugsanstalt für Männer“, begründet Gefängnisdirektor Rolf Maleck seine Entscheidung. „Wenn durch unsere Fenster Leute reinschauen und eine Frau sehen, denken die doch, hier herrschen Sodom und Gomorrha.“

Eckehard Maier will nun gegen das Verbot klagen. Doch seine Chancen, im Männergefängnis als Frau leben zu dürfen, stehen schlecht. Denn das Strafvollzugsgesetz regelt nichts über Transsexuelle im Knast. „Mehrere Strafvollstreckungskammern haben es deshalb bislang gebilligt, dass Gefängnisdirektoren ihren männlichen Insassen Frauenkleider verboten haben“, berichtet die Münchner Rechtsanwältin Maria Sabine Augstein. Meist berufe sich die Gefängnisleitung auf einen Paragrafen, der sie verpflichte, für Ordnung und Sicherheit zu sorgen. Augstein fordert: „Es wäre sinnvoll, das Strafvollzugsgesetz zu ergänzen. Auch, weil es keine Regelung gibt, ob in der Haft eine Hormonbehandlung durchgeführt werden kann.“

Das Bundsjustizministerium sieht keinen Handlungsbedarf. „Nach der Petition eines Betroffenen gab es 1992 eine Umfrage in den Bundesländern“, erzählt Ministeriumssprecherin Maritta Strasser. Das Ergebnis: Die Mehrheit der Länder sah keine Notwendigkeit, das Tragen von Frauenkleidern in Männergefängnissen bundesgesetzlich zu regeln, weil die Zahl der Fälle zu gering ist. „Jetzt ist es Sache der Länder, in dieser Frage Toleranz zu zeigen“, so Strasser.

Toleranz hält der Hamburger Sexualwissenschaftler Wilhelm Preuss für bitter nötig: „Aus medizinischer Sicht ist Transsexualität eine schwere Störung. Deshalb sind auch die Krankenkassen zur Behandlung verpflichtet.“ Preuss fürchtet, dass der Leidensdruck und die Abneigung zum angeborenen Geschlecht sich verstärken, wenn der Betroffene nicht als Frau leben kann. Es sei wichtig, dass man Transsexuellen ein normales Leben ermöglicht. Solange es keine Änderung im Strafvollzugsgesetz gibt, rät er zur Vermittlung durch einen Psychologen zwischen dem Betroffenen und der Anstaltsleitung: „Ich kenne Langzeitgefangene, die dann eine Einzelzelle bekommen haben und dort Frauenkleidung tragen durften.“

Doch dazu ist Anstaltsleiter Rolf Maleck nicht bereit. „Eine Einzelzelle ist im Strafvollzug ein Privileg, und bei kurzzeitig inhaftierten Freigängern wie Eckehard Maier kann ich das nicht bieten.“ In der Doppelzelle käme eine Monika Maier weiterhin nicht in Frage. „Das ist eine Männergemeinschaft. Wenn einer als Frau rumläuft, besteht die Gefahr, dass gewisse Wünsche entstehen.“ Da Maier noch keine operative Geschlechtsumwandlung vornehmen hat lassen, kommt für ihn der Frauenknast auch nicht in Frage.