männer in röcken
: Die Freiheit der anderen

Was haben wir gelacht. Als Jack Lemmon und Tony Curtis im Filmklassiker „Manche mögen’s heiß“ in Frauenkleidern vor der Mafia flüchteten. Es war auch ein Brüller, als das Kindermädchen „Mrs. Doubtfire“ alias Robin Williams im Stehen pinkelte. Und Heinz Rühmann als „Charlys Tante“ hat in seinen Stöckelschuhen schon unsere Großmütter erheitert. Männer in Frauenkleidern sind komisch. Männer in Frauenkleidern nimmt keiner ernst.

Kommentarvon RALF GEISSLER

Also amüsieren sich auch fast alle spontan, die vom jüngsten Vorfall in einem Männerknast in Baden-Württemberg hören. Im offenen Vollzug von Rottenburg am Neckar darf Eckehard Maier seine Röcke nicht tragen. Der Anstaltsleiter wünscht Hosen zu sehen. Und wie scheinbar nahe liegt es, ihm Recht zu geben. Soll sich Eckehard – alias Monika Maier, wie er sich selbst nennt – doch zusammenreißen. Muss er überall auffallen wollen?

Doch was der Anstaltsleiter übersieht: Bei Eckehard Maier geht es nicht um Verkleidung. Der Gefangene ist Transsexueller und fühlt sich als Mann unwohl. Trägt er Röcke, lebt er die Identität aus, die er zu haben glaubt. Die Krankenkassen haben diese existenzielle Not längst anerkannt: Sie betrachten Transsexualität als ein Leiden, das häufig zu schweren Depressionen führt, und bezahlen daher die psychologische Beratung sowie die operative Geschlechtsumwandlung.

Den Anstaltsleiter interessiert das nicht. Und der Bundesregierung ist es auch egal. Eine kleine Änderung des Strafvollzugsgesetzes würde reichen, um Transsexuellen im Gefängnis Rock und Perücke zu erlauben. Doch im Justizministerium winkt man ab: zu wenige Betroffene. Diese Haltung ist absurd. Das Grundgesetz verlangt den Schutz von Minderheiten. Es darf keine Rolle spielen, ob es fünfhundert oder fünfzigtausend Betroffene gibt. Einen Moslem kann man im Gefängnis nicht zwingen, Schweinefleisch zu essen. Also sollte ein Mann Frauenkleider tragen dürfen. Dabei ist prinzipiell egal, wie die Mitgefangenen das finden. Im Knast von Rottenburg stören sie sich allerdings nicht an den Fummeln von Monika Maier.

Damit sind die Häftlinge nicht nur weiter als ihr Anstaltsleiter – sie sind auch toleranter als viele nicht vorbestrafte Bürger. Immer noch grinsen nicht wenige, wenn sie jemanden wie Monika Maier auf der Straße sehen. Sie haben nicht begriffen, dass ein transsexueller Mann eigentlich eine Frau ist und nicht ein Tony Curtis im Fummel.

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