Die Kiste geht in die Kiste

Es ist aus. Aus und vorbei. Morgen steigt in der knallroten Infobox am Leipziger Platz endgültig die letzte Party. Nur manche wollen immer noch nicht wahrhaben, dass die Zeit der Baustellen zu Ende ist

von UWE RADA

Es waren einmal drei Jungs, die spielten gerne im Sandkasten. Und weil damals die ganze Stadt einem Sandkasten glich, haben sie sich gedacht, warum nicht am Leipziger Platz einen roten Kasten hinsetzen und die ganze Buddelei von oben betrachten? Also schufen Bausenator Wolfgang Nagel (SPD), Volker Hassemer (CDU) und der Sandkastenästhet Dirk Nishen die rote Infobox, auf dass die Völker künftig auf diese Stadt schauen.

Das war vor fünf Jahren. Heute hat sich die Stadt umgestülpt, sind aus Baugruben Baumassen geworden und aus Politikern wie Nagel kleine Immobilienhaie. Nur Volker Hassemer und Dirk Nishen sind immer noch diesselben. Vielleicht tragen sie ja deshalb so sehr Trauer, wenn morgen die letzte Party in der Infobox stattfindet und selbige hernach in ihre Einzelteile zerlegt und versteigert wird.

Neun Millionen Besucher haben die Infobox in den vergangenen fünf Jahren bestiegen und die Kritiker schnell verstummen lassen. Gegen die virtuellen Versuchungen, eine Stadt per Joystick zu durchkämmen, ist kein Kraut gewachsen. Allerdings auch nicht gegen die Enttäuschung, die sich einstellte, als die fertige Stadt plötzlich da war, unverrückbar, zwar immer noch ein bisschen virtuell, aber eben: Realität. Also stiegen die Besucher lieber von der Infobox ins wirkliche Leben, oder das, was es am Potsdamer Platz davon gibt.

Dirk Nishen ist traurig. Nicht nur, weil ihm vor langem schon verwehrt wurde, eine kleine Seilbahn mit Guckgondeln übers Regierungsviertel zu bauen. Auch seine Idee, aus der Info- eine Trafficbox zu machen, wurde verworfen. Schließlich ist nach dem Potsdamer nun die Bebauung des Leipziger Platzes dran. Und da stört der rote Kasten nur.

Volker Hassemer, oberster Berlin-Werber, will die Infobox deshalb woanders wieder aufbauen. Wo, das verrät er aber nicht. Vielleicht tut sich Hassemer ja mit Supersenator Peter Strieder zusammen. Der nämlich hat nun vorgeschlagen, ein „Informationszentrum“ am Alexanderplatz aufzubauen.

Ja, das wär was. Natürlich müsste man die Infobox dann hochkant hinstellen, weil man’s am Alex ja vertikal macht. Und eine Sichtblende gegen die ganzen Plattenbauten drumherum errichten. Aber dafür könnte das Ding dann auch länger stehen. Schließlich soll der Alex ja erst fertig werden, wenn es in der Weltstadt Berlin keinen Büroleerstand mehr gibt.