Frei, frei wie ein Vogel . . .

Im Zeitalter der neuen Medien müssen immer mehr Zeitungen und Zeitschriften Präsenz im Internet zeigen. Freie Journalisten werden für diese Verbreitung ihrer Werke meist nicht zusätzlich vergütet

von HEIKO DILK

Im Urhebervertragsrecht herrscht Freiheit. Wer schreibt, filmt oder singt, kann seine gesamten Verwertungs- und Nutzungsrechte an Verlage, Fernsehsender oder Plattenfirmen abtreten. Eine Praxis, die anscheinend zementiert werden soll. Davon zeugen jedenfalls Briefe, die einige Zeitungen jüngst an ihre freien Mitarbeiter versendet haben. Sehr zum Unwillen von IG Medien, Deutschem Journalistenverband (DJV) und natürlich den Freien, die seit geraumer Zeit auf eine Änderung des Urhebervertragsrechts dringen.

Die wenigsten freien Journalisten werden jemals auch nur einen Pfennig für die Veröffentlichung ihrer Artikel im Internet gesehen haben. Ebensowenig für die Aufnahme des Textes in Datenbanken oder auf CD-ROMs. Dabei liegt das ausschließliche Recht zur Verwertung seines Werks zunächst beim Urheber. Was der nicht ausdrücklich abgetreten hat, soll ihm auch weiterhin zustehen. Zumindest soll er aber Geld dafür bekommen, wenn der Artikel nicht nur in der Tageszeitung, sondern zum Beispiel auch im Internet veröffentlicht wird.

So weit die Theorie. Und die Praxis? Die sieht eher so aus, wie beispielsweise die Süddeutsche Zeitung, das Handelsblatt oder Die Zeit kürzlich in Schreiben an ihre freien Mitarbei- ter festgestellt haben. Da heißt es: „. . . schließt eine Honorarzahlung an Sie die Einräumung des Multimedia-, des Datenbank- sowie des Werberechtes zur ausschließlichen, räumlich, zeitlich und inhaltlich unbeschränkten Nutzung ein“. Ebenso sollen die Autoren den Verlagen das Bearbeitungs- und das Übersetzungsrecht einräumen. „Der guten Ordnung halber“ mögen sie das Schreiben bitte unterzeichnen. Nun dient die Unterschrift vor allem der Abwendung eventueller Klagen. Aber wer beißt schon die Hand, die ihn füttert?

„Erpressung zum total buy out“ nennt das die IG Medien. Doch wird hier eigentlich nur offiziell gemacht, was ohnehin zur Gewohnheit geworden ist. Aber durch Formulierungen wie „. . . wollen wir mit diesem Schreiben nochmals klarstellen, dass Sie uns die Nutzungsrechte . . . bereits übertragen haben . . .“, hat man wohl eher schlafende Hunde geweckt.

So rät der DJV den Freien, die Nutzungsrechte nur detailliert und begrenzt abzutreten. Beispielsweise für die zeitlich begrenzte Nutzung in der Onlineausgabe der jeweiligen Zeitung. Doch wer sich seine Rechte allzu umfassend vorbehält, wird wohl damit rechnen müssen, schlicht nicht mehr gekauft zu werden.

Die „Initiative für die Reform des Urhebervertragsrechts“, von Organisationen und Berufsverbänden im Medienbereich ins Leben gerufen, will nun dafür sorgen, dass ein völliger Ausverkauf nicht mehr möglich ist. Eine verbindliche Regelung, den Urheber angemessen an jeder Nutzung zu beteiligen, müsse her. Der Meinung ist wohl auch das Justizministerium. Der erste Diskussionsentwurf zur Änderung des Urheberrechts vom 22. Mai 2000 sieht sie jedenfalls vor.

Damit freie Autoren tatsächlich davon profitieren können, ist auch der Abschluss von Gesamtverträgen zwischen Urheberverbänden und Verwertern vorgesehen.

Diese sollen eine tarifvertragsähnliche Absicherung der Freien bewirken, indem sie auch für sie ein angemessenes Zeilengeld festsetzen. Vergütungsansprüche für weitere Nutzungen, die zu einem Missverhältnis zur Honorarzahlung führen würden, sind nach dem Entwurf im Voraus nur an Verwertungsgesellschaften wie die Gema oder die VG Wort abtretbar. Diese sollen dann dafür sorgen, dass jeder freie Autor oder Musiker bekommt, was er verdient – nämlich Geld.

Angst, Teile eines kritischen Artikels über die Zunahme des Individualverkehrs in der Werbebroschüre eines Automobilherstellers wiederzufinden, braucht allerdings niemand zu haben. Auch nicht, wenn er die Bearbeitungs- und Übertragungsrechte abgetreten hat. Entstellungen eines Werks oder der Verkauf in Teilen, so dass die ursprüngliche Aussage verfälscht wird, sind nie Rechtens gewesen und werden es auch nicht durch die Schreiben von SZ, Handelsblatt und Co.