RUMÄNIEN ÜBERNIMMT VORSITZ DER OSZE – MEHR ALS EIN AKT DER ROUTINE
: Schwierige Imagepflege

Seit Anfang des Jahres lebt Rumänien mit einer neuen Würde, aber auch Bürde: Das Land übernimmt den Vorsitz der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE). Und dies ist mehr als ein rein formaler Akt des turnusmäßigen Wechsels. Denn jetzt muss das Land die europäische Feuertaufe bestehen. Diese Herausforderung scheint allerdings in Bukarest unterschätzt zu werden. Der neue rumänische Staatspräsident Ion Iliescu sieht darin vor allem „die beste Chance der Rumänen, sich im Ausland bekannt zu machen“. Ein internationales Gremium soll also in erster Linie das Image aufpolieren, das erst kürzlich durch die Wahlen so stark gelitten hat.

Dabei war es gerade die OSZE, die sich besorgt über die Wahl im November äußerte. Denn für die rechtsextreme Partei Groß-Rumänien stimmten fast 20 Prozent. Die Ultras wurden somit zur zweitstärksten Partei im neu gewählten Parlament. Einer dieser großrumänischen Abgeordneten, Ilie Ilascu, dürfte für die größten Probleme auf internationalem Parkett sorgen.

Denn Ilascu sitzt in Transnistrien, das sich von Rumäniens Nachbarland Moldawien abgespaltet hat, seit Mitte der 90er-Jahre im Gefängnis. Wegen großrumänischer Agitation. Gerade in diesem Konflikt zwischen Moldawien und Transnistrien versucht die OSZE seit Jahren zu vermitteln, um unter anderem zu erreichen, dass sich 3.000 russische Soldaten aus Transnistrien zurückziehen. Aus dieser sowieso schon komplizierten Gemengelage versuchen großrumänische Nationalisten wie Ilascu Nutzen zu ziehen: Sie trommeln immerzu für den Anschluss Transnistriens und Moldawiens an Rumänien.

Das Mandat Ilascus könnte daher die ehrgeizigen Pläne der neuen rumänischen Diplomatie durchkreuzen, die sich innerhalb der OSZE insbesondere für Freizügigkeit, Menschen- und Minderheitenrechte, Friedenssicherung und politische Stabilität in Osteuropa stark machen möchte und auch muss. Wie Rumänien aber den Spagat zwischen nationalen und internationalen Interessen schafft, wird sich zeigen. WILLIAM TOTOK