FDP zockt um Chef

Westerwelle oder Gerhardt: Die Fünf-Prozent-Liberalen sinnieren vor dem Dreikönigstreffen über den geeigneten Kandidaten für den Parteivorsitz

BERLIN taz ■ Die Winterpause in der Berliner Politik nutzt die FDP zu ihrem Lieblingsspiel: Parteichef-Poker. Guido Westerwelle, Generalsekretär seiner Partei, werden seit geraumer Zeit Ambitionen auf den Parteivorsitz nachgesagt. Intern, denn öffentlich hat sich der 39-Jährige noch nicht dazu geäußert und jede Spekulation bis heute vermieden. So klang denn das, was Baden-Württembergs FDP-Chef Walter Döring gestern in Stuttgart zu vermelden hatte, eher wie eine Null-Nachricht: Er gehe davon aus, das sich Westerwelle „in das Team einfügen wird“.

Noch in dieser Woche, vor dem traditionellen Dreikönigstreffen der Bundes-FDP am Samstag, will sich das „Team“, also Parteichef Wolfgang Gerhardt und Westerwelle, treffen. Ziel ihrer Zusammenkunft ist es, Klarheit darüber zu erlangen, ob Westerwelle auf dem Bundesparteitag im Mai nun doch für den Chefposten kandidiert.

Indirekt deutete Döring einen Ausweg aus der Personallage an: Über Gerhardts Zukunft würden die Landtagswahlen am 25. März in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz entscheiden. Im Klartext: Fallen die Resultate geringer aus als erhofft, darf Westerwelle antreten. Spitzfindig merkte Döring aber an, er gehe von zweistelligen Ergebnissen aus. Und weiter: Voraussichtlich werde Gerhardt der einzige Kandidat für den FDP-Vorsitz sein und die Partei auch in den Bundestagswahlkampf 2002 führen.

Im liberalen Vielklang meldete sich auch Nordrhein-Westfalens FDP-Chef Jürgen Möllemann zu Wort, der Westerwelles Kandidatur ins Spiel gebracht hatte. Möllemann wirft Gerhardt Erfolglosigkeit vor: „Wer die Verantwortung dafür trägt, dass wir in den bundesweiten Umfragen bei fünf Prozent dümpeln, kann nicht so leicht den Wählern den Eindruck vermitteln, dass das Projekt 18 realistisch ist“, sagte er den Stuttgarter Nachrichten. FDP-Bundesvorstandsmitglied Silvana Koch-Mehrin wies die Kritik zurück. „Solche einfachen Begründungen für Erfolge oder Misserfolge gibt es überhaupt nicht, dass man sie an einzelnen Personen festmachen kann“, konterte sie im ARD-Morgenmagazin. Koch-Mehrin ist als mögliche Nachfolgerin für den amtierenden Generalsekretär Westerwelle im Gespräch.

Möllemann hatte aber auch noch einen neuen Vorschlag parat: Der Kanzlerkandidat der Liberalen solle durch „seriöse Marktforschung“, also eine Meinungsumfrage in der Bevölkerung festgestellt werden. Sollte dabei ein anderer als er selbst gekrönt werden, werde er sich „in Demut vor dem Urteil der Wähler verneigen“. Dazu fiel dem Schwaben Döring nur ein: Man müsse aufpassen, dass die „Stufe zur Lächerlichkeit nicht erreicht wird“. SEVERIN WEILAND

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