Nase für Knoblauch und Marmelade

■ Bekennender Mittelalter-Freund und ausgebildeter Geiger: Angelo Branduardi in der Musikhalle

Angelo Branduardi kann hier zu Lande schon seit friedensbewegten Zeiten auf ein treues Publikum zählen. Rund 25 Jahre sind mittlerweile vergangen, in denen der Lockenkopf mit betörend-einschmeichelnden Melodien seine Idee der geheimnisvollen Welt des Mittelalters präsentierte. Der Zauber des Mannes aus Ligurien hält für seine Anhängerschaft nach wie vor an: Zur Zeit ist Branduardi wieder unterwegs, um seine immergrün gebliebene Botschaft mit Fiedel und Bogen unters Volk zu bringen. Am kommenden Mittwoch spielt er in der Musikhalle.

taz hamburg: Sie beschäftigen sich auf Ihrer neuen Platte mit dem Leben des heiligen Franz von Assisi. Warum gerade so ein religiöses Thema?

Ich bin gewiss kein Heiliger, aber das war Francisco auch nicht in erster Linie, er war einfach ein Mensch. Mich faszinierte seine Persönlichkeit, die sich doch sehr von dem vergeistigten Typus des mittelalterlichen Mönchs abhebt. Er liebte die Kunst, die Musik, er selbst war ein großartiger Dichter.

Gibt es einen roten Faden für diese von Ihnen bearbeiteten Lieder und Gedichte?

Ja, meine Nase, für die ich nichts kann; ich wurde damit geboren. Spaß beiseite: Es sind schriftliche Quellen aus dem Mittelalter, die ich mit meiner Frau bearbeitet habe.

Ihre Musik hatte schon immer starke Bezüge zu mittelalterlicher Tanzmusik. Wie kamen Sie damit in Berührung?

Auf dem Konservatorium jedenfalls wurde so etwas nicht unterrichtet. An der mittelalterlichen Musik mag ich das Primitive, Ursprüngliche. Man kann sagen, dass in der Renaissance die Grundlagen für alle weitere moderne Musik gelegt wurden. Sie klingt naiv, aber auch sehr frisch.

Auf Ihren Platten sind gelegentlich auch irische Dudelsäcke zu hören. Haben Sie eine besondere Beziehung zur keltischen Musik?

Die habe ich schon immer gemocht, Spuren davon finden sich auf all meinen Platten seit vielen Jahren. Außerdem spielt die keltische Kultur in meiner Heimatregion, der Lombardei eine große Rolle.

Auf Ihrem neuen Album L'infinitamente piccolo gibt es auch ein Lied auf deutsch. Ansonsten wird die Sprache, in der Sie singen hierzulande nicht von vielen verstanden. Dessen ungeachtet sind Sie gerade in Deutschland sehr erfolgreich. Ist es Ihre Musik, die die Verständnisprobleme vergessen macht?

Da kommen wohl viele Dinge zusammen. Ich singe ein sehr altmodisches Italienisch, im Falle von Francisco ist es ein Dialekt aus Umbrien. Dadurch klingen die Texte recht melodiös, so dass sie eine Symbiose mit der Musik eingehen. Ich glaube, das mögen die Leute.

Sie waren einer der ersten Musiker, die die Geige auch außerhalb der klassischen Musik bekannt gemacht haben. Mittlerweile gibt es mit Vanessa Mae und André Rieu weitere populäre Violinisten. Warum ist die Geige heute so beliebt?

Keine Ahnung; vielleicht, weil die Violine als Prinz unter den Instrumenten gilt. Sie ist das kraftvollste Instrument, aggressiv und gleichzeitig romantisch. Sie kann sehr virtuos erscheinen, aber auch sehr folkloristisch.

Spielen Sie die Geige in herkömmlicher, klassischer Spielweise?

Ja, das hat allerdings nicht nur Vorteile. So kann ich nicht so ohne weiteres jazzmäßig improvisieren oder einfach nur rumfiedeln, dazu ist meine Technik zu präzise.

Wie würden Sie selbst Ihre Musik bezeichnen?

Sie ist wie Knoblauch. Ein eigentümlicher Geschmack, den man sofort erkennt und ihn entweder mag oder nicht, dazwischen gibt es nichts. Aber Gott sei Dank mögen die meisten Leute ja Knoblauch.

Wenn Sie nun einmal zurückbli-cken sollen, was hat sich im Show-Business im Laufe der Zeit verändert?

Alles ist schneller, hektischer geworden. Früher veranschlagten die Plattenbosse mindestens drei Jahre für den Aufbau einer Karriere, heute sind es höchstens drei Monate! Du musst von Anfang an Platten verkaufen, sonst bist du weg vom Fenster.

Welche Musik hören Sie zu Hause?

Da bin ich sehr neugierig nach allen Seiten, ich höre alles, von den Smashing Pumpkins bis zu Bruce Springsteen. Wenn es schon verschiedene Marmeladensorten gibt, warum sollte ich dann immer nur von einer kosten?

Interview: Tom Fuchs

Mittwoch, 20 Uhr, Musikhalle