Zehn Äffinnen für Newton

Zur Finissage gaben Feministinnen der Newton-Ausstellung den Laufpass. Mit ihrer Kritik provozierten die Frauen in Affenkostümen vor allem bei Besucherinnen Aggressionen

Mit einer politisch-künstlerischer Spaßaktion haben am Sonntagabend 10 Frauen die Helmut-Newton-Retrospektive in der Neuen Nationalgalerie verabschiedet. Seit 1. November drängelten sich 160.000 Besucher in die Ausstellung, die mit großformatigen Fotos von entkleideten Frauen in Stöckelschuhen lockte. Am letzten Abend stürmten Feministinnen mit Affenmasken und unter Affengebrüll in das Gedränge im Eingangsbereich.

„Für mich sind diese Bilder nicht pornografisch“, erklärte Halina Benkowski, Mitinitiatorin des Protests. „Echt pervers finde ich aber die Werke mit den Dummys. Das ist für mich eine Ästhetisierung des Lustmords. Echte Leiche sehen ganz anders aus.“ Benkowski sieht sich mit dieser Auffassung nicht allein: „Newton gibt doch zu, dass er sich nie getraut hätte, solche Bilder mit richtigen Frauen zu machen.“ Die Künstlerin Gisela Breitling beteiligte sich an der Aktion, weil sie sich über „diese irrsinnige Verdrehung“ in der Präsentation der Fotos ärgert: „Die Frauen auf den Bildern sind angeblich Siegerinnen. Das ist aber das Gegenteil von dem, was gezeigt wird“, so Breitling. Auf Flugblättern kritisiert die Gruppe den „schicken Sexismus“, auch auf die Gefahr hin, der „Kunstschickeria auf den Leim zu gehen“, in dem sie für noch mehr Publizität sorgt.

Bei den Besuchern erregten die Äffinnen viel Aufmerksamkeit. Die 1.000 Flugblätter waren in einer Viertelstunde verteilt. Doch vor allem bei Besucherinnen stießen sie auf Ablehnung. Einen Moment lang strangulierte eine junge Frau Gisela Breitling schimpfend mit dem Schild, das diese sich um den Hals gehängt hatte. Eine andere Maskierte berichtete, jemand habe ihr im Gedränge mit dem Ellenbogen in die Seite gestoßen.

Doch die Aktion fand auch Zustimmung: Zwei Besucherinnen wollten sich der Gruppe anschließen. Ein Wachschützer, der versuchte, die Frauen vor die Tür zu setzen, wurde auf das Recht der freien Meinungsäußerung im öffentlichen Raum hingewiesen und zog sich zurück, als zwei Äffinnen ihn sexuell belästigten.

WIBKE BERGEMANN