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Mundwinkelhängeschild

Die CDU lässt an einem neuen Image für ihre Vorsitzende Angela Merkel basteln

Knapp zwei Jahre bleiben der CDU noch, um bis zur Bundestagswahl 2002 zwei ihrer gravierendsten Probleme zu lösen. Leere Parteikasse heißt das eine, Angela Merkel das andere. Denn das ist inzwischen selbst dem tumbsten CDUler klar: Ohne Kohle kann man bei Wahlen heutzutage allenfalls einen Blumentopf gewinnen, mit Angela Merkel nicht mal das.

Die Spitzenfrau der CDU ist in diesen medientyrannischen Zeiten nicht unbedingt das, was sich eine Volkspartei als Aushängeschild wünschen kann. Wenn überhaupt, ist Merkel deren Mundwinkelhängeschild, und auch sonst hängt an der transusigen Mecklenburgerin so einiges, was, rein wahlkampftaktisch, besser nicht da hinge: die strubbeligen Zippeln zum Beispiel, die ihr da, wo andere Menschen Frisuren haben, aus der Schädeldecke fransen und offenbar nur mit Hilfe des bereits erwähnten Blumentopfes einigermaßen in Form zu bringen sind – sofern man bei Pottschnitt noch von Form sprechen möchte.

Es gibt also einiges zu tun. „MACHEN SIE MEHR AUS IHREM TYP!“, fordert denn auch, hintersinnig großbuchstabig, eine Anzeige der CDU, die, jüngst in einem Fachblatt der reklameproduzierenden Wirtschaft geschaltet, gezielt an kreative Nachwuchskräfte sich wendet: „Gründen Sie Ihre Agentur und machen Sie die Kampagne Ihres Lebens“, so wird da vermeintlich billiges, weil junges Werbevolk geködert, das schier Unmögliche zu versuchen: eine Imagekampagne für die von Merkel geführte CDU.

Um künftigen Kampagneros die Größe der Aufgabe zu verdeutlichen, ließ CDU-Generalsekretär Laurenz Meyer ein Foto seiner Parteichefin in die Anzeige rücken, darauf sie mehr denn je aussieht wie ein die Rummelplätze Mecklenburgs bereisender Kinderschreck. Den Mut Merkels, dieses, gelinde gesagt, Schreckschraubenbildnis zur Veröffentlichung freizugeben, wertete Meyer übrigens als ein Zeichen für ihre Selbstironie. Andere gewahren darin eher ihren fatalistischen Hang zur Selbstverstümmelung.

So gesehen, sind sicher auch die ersten bei der CDU eintrudelnden Imagevorschläge eher ironisch zu werten. Viel ist darin von Containerbesuchen die Rede. Ebenso von den medienwirksamen Möglichkeiten, die der Fallschirmsport bietet. Längst auch sind gewiefte Kreative dabei, Pastorentochter Merkel eine etwas jugendbewegtere Vergangenheit à la Fritze Merz oder, besser noch, Joseph Fischer zu basteln – die anschließend fällige Entschuldigung für bloß eingebildete oder tatsächliche Jugendsünden inklusive.

In einem anderen Konzept wird hingegen angeregt, Frau Merkels verdruckstes Image nicht nur von Kommunikationsfachleuten, sondern auch mit Hilfe der Gentechnik aufwerten zu lassen: Womöglich reichte schon eine kleine Korrektur von Merkels Mundwinkel-Gen, um ihr eine wählerfreundlichere Ausstrahlung zu verleihen.

Von der CDU bereits abgelehnt wurde der Vorschlag, Frau Merkels alten Kopf einfach ab- und ihr dafür einen neuen anzuschrauben. Zum einen sei die plastische Chirurgie noch nicht so weit. Zum anderen würde wohl die Entscheidung, welcher neue Kopf Frau Merkel zu verpassen sei, alte Parteiwunden aufreißen. Sowohl Helmut Kohl als auch Wolfgang Schäuble hätten nämlich bereits signalisiert, dass sie ihre Köpfe sofort zur Verfügung stellten. FRITZ TIETZ

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