bahn macht neue preise
: Schade für die Umwelt

Die Bahn hat bald ein neues Preissystem. Für viele eine schlechte Nachricht: Die Bahn bestraft jeden, der am Wochenende nach Hause pendelt und nicht im Voraus weiß, wann er freitags losreisen kann. Und nur wer sich frühzeitig entscheidet, darf künftig billig Bahn fahren. Das empört – verständlich. Trotzdem ist das neue Preissystem folgerichtig.

Kommentarvon KATHARINA KOUFEN

Denn die Deutsche Bahn AG ist ein Unternehmen. Und handelt auch so. Mit den neuen Preisen will die Bahn ihren Umsatz um 300 Millionen Mark jährlich steigern. Die neue Devise: Es wird der höchstmögliche Preis verlangt, den die Reisenden gerade noch zu zahlen bereit sind.

Und wer nur zu Stoßzeiten reisen kann und auch noch flexibel sein muss, der ist erpressbar. Verzweifelt auf der Suche nach einem Verkehrsmittel – so die Sicht der Bahn – wird er für ein Ticket tief ins Portemonnaie greifen. Für das Unternehmen namens Bahn ist es schlicht dumm, sowieso schon überfüllte Züge auch noch weiter vollzustopfen, indem sie Kunden mit dem Gute-Abend-Ticket freitags für 84 Mark anlockt und durch die halbe Republik reisen lässt. Wo sie die begehrten Plätze auf den Hauptstrecken doch für mehr Geld loswerden könnte.

Hoffentlich. Denn womöglich verrechnet sich hier die Bahn: Wer sich auf den gedanklichen Aufwand einlässt, sein Leben in 7-Tages-Schritten zu planen, dem wird vielleicht planend auffallen, dass auch Fliegen ungeheuer billig ist. Sobald man nur weit im Voraus bucht. Bei der Lufthansa zum Beispiel kostet – früh bestellt – ein Flug von München nach Berlin hin und zurück nur 259 Mark. Kurz: Die Bahn verliert den Hauptvorteil, der ihre Preise bisher konkurrenzfähig machte: ihre Flexibilität.

Da gleichzeitig die Preise für Kurzentschlossene steigen, werden die womöglich ihr Auto neu entdecken. Die Folgen in der Gesamtansicht: sinkende Einnahmen für die Bahn, mehr Flugverkehr, neue Staus.

Schade für die Umwelt. Doch ökologische oder soziale Argumente brauchen die Bahn nicht mehr zu beeindrucken. Schließlich soll sie ja – so der politische Auftrag – „börsenfähig“ und vom Staatstropf unabhängig werden. Dass der Staat sinnvollen Verkehr eigentlich schützen und unterstützen sollte, hätten sich die Bahnreformer früher überlegen müssen. Demnächst spart der Staat zwar an Subventionen. Doch mittelfristig wird er mehr Geld für die Beseitigung von Umweltschäden und Unfallfolgen ausgeben.

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