Schröder butterweich gegen uranharte Bomben

Kanzler findet die Verwendung von urangehärteter Munition auf dem Balkan „nicht richtig“. Bündnisgrüne: Scharping soll sich bei der Nato für ein Verbot einsetzen. Jedenfalls vorläufig

BERLIN taz ■ Die Verwendung urangehärteter Munition finden alle schlecht – nur auf einen Verzicht durch die USA drängt bislang auch die Bundesregierung nicht. Für die heutige Sitzung der ständigen Vertreter beim Nato-Rat in Brüssel hat Bundeskanzler Gerhard Schröder die deutschen Botschafer lediglich angewiesen, die „italienische Linie“ zu stützen. Diese verlangt Aufklärung über die Verwendung der Munition und deren Folgen.

In Italien war der Druck auf die Regierung gewachsen, nachdem sechs italienische Soldaten nach ihrem Balkan-Einsatz an Leukämie gestorben waren. „Wir wollen wissen, ob es Zusammenhänge zwischen diesen Krankheitsfällen und der Verwendung dieser Munition gibt“, so Schröder gestern. Er halte es „nicht für richtig“, eine Munition zu verwenden, die die eigenen Soldaten gefährde.

Der Sprecher des Auswärtigen Amtes, Rolf Michaelis, erklärte gestern, auf der heutigen Sitzung des Nato-Rates gehe es zunächst um die Klärung von Sachfragen. Danach werde man „möglicherweise“ auch die Frage nach einer Ächtung der Urangeschosse diskutieren. Dagegen verlangte die grüne Parteispitze gestern von Verteidigungsminister Rudolf Scharping, sich in der Nato für ein Verbot einzusetzen. Dieses müsse zumindest so lange gelten, bis geklärt sei, ob es einen Kausalzusammenhang zwischen der Munition und den Leukämieerkrankungen der Soldaten gebe, so die Parteichefin Renate Künast. Unterdessen lehnte es Scharping erneut ab, alle 50.000 deutschen auf dem Balkan eingesetzen Soldaten auf mögliche Erkrankungen untersuchen zu lassen. Wer wolle, könne dies kostenlos bei der Bundeswehr tun.

Voraussichtlich schon am Freitag sollen die Ergebnisse einer Untersuchung des Münchener Forschungszentrums GSF von 118 Soldaten vorgelegt werden, die möglicherweise im Kosovo in Kontakt mit abgereichertem Uran kamen. Der bislang einzige Fall eines an Blutkrebs erkrankten Bundeswehrangehörigen ist nach wie vor unklar. Der Mann, der 1998 im bosnischen Mostar eingesetzt war und im Jahr darauf an Leukämie erkrankte, soll nach Angaben des Verteidigungsministeriums nicht in Kontakt mit Uranmunition gekommen sein. SEV

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