Ein Gesetz ohne Biss

Das Landesgleichstellungsgesetz feiert seinen zehnten Geburtstag, doch große Erfolge gibt es nicht. Die Grünen bemängeln fehlende Sanktionsmöglichkeiten zur Durchsetzung der Frauenförderung

von JULIA NAUMANN

Das Landesgleichstellungsgesetz wird am Samstag zehn Jahre alt, doch viel zu feiern gibt es nicht. Das zeigt der vierte Bericht über die Umsetzung des Gesetzes, den gestern Frauenstaatssekretärin Ingeborg Junge-Reyer (SPD) vorgestellt hat.

Danach erhöhte sich der Frauenanteil im öffentlichen Dienst von 1992 bis 1998 zwar von 53,4 Prozent auf 55,3 Prozent. Auch im mittleren und höheren Dienst stieg der Frauenanteil. Doch – und das ist entscheidend – nach wie vor nur 8,2 Prozent der im Landesdienst beschäftigten Frauen bekleiden Spitzenpositionen, beispielsweise als Abteilungsleiterinnen oder Richterinnen. Bei den Männern sind es 21,6 Prozent.

Das Landesgleichstellungsgesetz wurde 1989 von der rot-grünen Koalition unter der Ägide der damaligen Frauensenatorin Anne Klein entwickelt. Es umfasst zwei Teile: öffentliche Verwaltung und Vergabe öffentlicher Aufträge an die Frauenförderung. Seit 10 Jahren müssen, wenn in der Verwaltung Stellen frei werden, Frauen bei gleicher Qualifikation bevorzugt werden. Da aber eher Stellen gestrichen als besetzt werden, muss auch darauf geachtet werden, dass Frauenarbeitsplätze nicht übermäßig abgebaut werden. Zwischen 1992 und 1998 wurden 56.000 Stellen gestrichen.

Seit Juni 1999 müssen Unternehmen, die im Auftrag des öffentlichen Dienstes arbeiten, Frauen besonders fördern, zum Beispiel Weiterbildung oder Kindergartenplätze anbieten. Bedingung ist jedoch, dass es sich um Aufträge handeln, die eine Volumen von mindestens 100.000 Mark haben. Zudem müssen in den Firmen mindestens 10 MitarbeiterInnen beschäftigt sein.

Werden die Quoten und Vorgaben nicht eingehalten, so drohen in beiden Bereichen jedoch keinerlei Sanktionen. Das ist auch der Hauptkritikpunkt der Bündnisgrünen. „Es passiert rein gar nichts, wenn etwas nicht erfüllt wird“, kritisiert die Fraktionsvorsitzende Sibyll Klotz. „Ein Gesetz ist nur so viel wert, wie es umgesetzt wird.“ Der politische Wille dafür aber sei nicht vorhanden. Dies sehe man auch an der Bezirksfusion. Zwar seien vom Stellenabbau Männer und Frauen gleichermaßen betroffen gewesen, in den Führungspositionen habe sich die Lage für Frauen aber verschlechtert. Jetzt seien nahezu 80 Prozent der Stadträte Männer.

Auch die Frauenvertreterinnen, die in den Bezirken und Verwaltungen für die Umsetzung des Gleichstellungsgesetzes sorgen sollen, werden es zukünftig schwerer haben. Vor der Bezirksfusion gab es noch 200 Frauenvertreterinnen, die ganz oder teilweise freigestellt wurden. Wie viele es zukünftig sein werden, ist noch völlig unklar. Für den Großbezirk Mitte-Tiergarten-Wedding ist nur eine einzige Kraft vorgesehen.

Die Grünen veranstalten am Freitag um 15 Uhr eine Diskussionsveranstaltung über das Landesgleichstellungsgesetz. Eingeladen sind unter anderem Juliane von Friesen vom Deutschen Juristinnenbund und die ehemalige Frauensenatorin Anne Klein. Ort: Abgeordnetenhaus, Niederkirchnerstr. 5, Raum 311