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Der kleine Kanzler stellt sich vor Bayerns Bauern

Medienwirksames Mitgefühl: Ministerpräsident Edmund Stoiber (CSU) setzt sich mit dem „bayerischen Sonderweg“ für seine Bauern ein und lässt sie doch im Regen stehen

MEMMINGEN taz ■ „Schweizer Modell“ ist das Wort des (neuen) Jahres. Zumindest in Bayern, wo sich gestern der umtriebige Ministerpräsident Edmund Stoiber demonstrativ vor seine Bauern stellte. In einer Regierungserklärung forderte er gestern, Bund und EU sollten den „bayerischen Sonderweg“ mitgehen, zu dem das einst so verpönte „Schweizer Modell“ offenbar umgewandelt werden soll. Den Bauern, die sich seit Wochen gegen die Massentötung ganzer Rinderherden wehren, wenn ein BSE-Fall im Bestand aufgetreten ist, soll künftig überlassen bleiben, was mit dem Vieh passiert: Massenkeulung oder nur Kohortenkeulung, also das Töten von Tieren, die ein Jahr vor bzw. nach dem BSE-positiven Tier geboren wurden.

Schon lange fordern Landwirte, das seit Juli 1999 in der Schweiz angewandte Verfahren zu praktizieren. Nachdem BSE eben keine Seuche, sondern eine Einzeltiererkrankung sei, mache eine Bestandskeulung keinen Sinn, wurde in der Schweiz konstatiert und in nationales Recht umgewandelt. Ein Allgäuer Bauer erklärt das Prinzip: „Wenn ich auf einer Auktion ein Rind kaufe und sich später herausstellt, dass es BSE hat, dann bringt es doch gar nichts, alle anderen Tiere meines Bestandes niederzumachen und wieder einen neuen Bestand aufzubauen – mit allen damit verbundenen Risiken.“ Bayern hat sich dieser Argumentation nun angeschlossen.

Doch was nützt nun dieser bayerische Sonderweg den Bauern wirklich, so lange nicht eine entsprechende Bundesregelung gefunden wird? Erst wenn deutschlandweit gleich verfahren wird, macht eine solche Lösung Sinn, so sie denn für richtig erachtet wird. Ausbaden müssen die Unsicherheit die Bauern. Romuald Schaber von der Milchbauernvereinigung „Krisenstab“ fordert, dass das Milchproblem umgehend gelöst werden müsse. In einem Stall mit 60 Milchkühen fallen jeden Tag rund 1.000 Liter Milch an. Obwohl in Milch bislang keine BSE-Erreger nachgewiesen wurden, darf sie aus einem solchen Bestand nicht verwertet werden. In der Schweiz ist das so geregelt, dass nach der Kohortenkeulung bei den getöteten Tieren ein BSE-Test durchgeführt wird. Wenn dieser bei allen Tieren negativ ausfällt, erhält der Betrieb wieder den Status „BSE-frei“. Dann darf auch wieder die Milch verwertet werden.

Allen Vorwürfen der Opposition im bayerischen Landtag zum Trotz verteidigte Stoiber gestern den bayerischen Alleingang. Dass sich seine Fachminister Stamm (Soziales) und Miller (Landwirtschaft) bis in die jüngste Zeit hinein gegen BSE-Schnelltests gewehrt hatten, dass Stamm Bayern noch im November 2000 als BSE-frei bezeichnete, schert den Ministerpräsidenten nicht. Medienwirksam spannt er sich vor den Bauernkarren und setzt somit auch den Bundeslandwirtschaftsminister unter Druck. Sonst sind massive Bauernproteste unausweichlich. KLAUS WITTMANN

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