doppelter rücktritt
: Seuche im Kabinett

Gesundheitsministerin Andrea Fischer hat die Brocken hingeschmissen. Ein respektabler Rücktritt immerhin, und auch ein historischer: der erste eines grünen Kabinettsmitglieds in der Bundesregierung. Immerhin war der Abgang so kraftvoll, dass glücklicherweise der Landwirtschaftsminister gleich mit in den Strudel gerissen wurde. Dafür ist ihr zu danken, eine gute Tat zum Schluss. Kalle Funke, dies scheint gewiss, hätte sonst das BSE-Problem ausgesessen.

Kommentarvon MANFRED KRIENER

Nach dem Rücktritt der Gesundheitsministerin, die in der BSE-Krise sehr viel weniger Fehler zu verantworten hatte als ihr sturköpfiger Ressortkollege, war auch Funke nicht mehr zu halten. Folgerichtig tropfte seine Demission aus dem Ticker, kaum dass Fischers Abschiedsrede verlesen war. „Oldenburger Butter hilft dir auf die Mutter.“ Dies war Funkes Lieblingswitz. Und von solch intellektuellem Vermögen war seine gesamte Amtsführung. Ein Minister, der von Schröder geholt wurde, weil er die Sprache der Bauern sprach. Und der ansonsten nur eine Funktion hatte: das Landvolk zu narkotisieren. Doch mit der BSE-Krise wurde alles anders: Schröder brauchte plötzlich einen intelligenten Krisenmanager. Und hatte stattdessen einen bräsigen Landmann im Kabinett sitzen, der irritiert den Kopf einzog und sich erst mal krank meldete.

Mit Funke hätte es keine wirkliche Reform der industriellen Massentierhaltung geben können. Er hat nie versucht, die Barbarei in der modernen Agroindustrie abzustellen, er hat sie verteidigt. Sein Krisenmanagement war nicht mehr als der Versuch, den Verbraucher zu beruhigen und das monströse Weiter-so in deutschen Ställen zu sichern. Der Stern hat ihn einmal so beschrieben: „Ein rotbackiges Mannsbild mit 120 Kilo Lebendgewicht, das selten einem Schnaps aus dem Wege geht.“

Andrea Fischer hat zum Schluss nochmals klar gemacht, worum es jetzt geht: den GAU der industriellen Landwirtschaft in eine weitreichende Reform zu überführen, die den Verbraucherschutz stärkt und die Landwirtschaft in neue Bahnen lenkt. Ein ebenso schwieriges wie ambitioniertes Manöver. Sie selbst nannte es „bizarr“, dass ausgerechnet dieses urgrüne Thema eine grüne Ministerin stolpern lässt. Doch es war nicht nur BSE. Der Dauerclinch mit knallharten Lobbyisten um eine kaum realisierbare Gesundheitsreform hat sie aufgerieben. Der BSE-Seuchenzug und die Fehler in ihrer Administration waren für die dünnhäutige und jüngste Ministerin des Kabinetts zu viel.