Uran-Verzicht nicht in Sicht

Trotz Aufschubforderungen kann sich Nato-Rat nicht auf ein Verbot von Uranmunition verständigen, will aber Ausschuss zur Erforschung des „Balkan-Syndroms“ einsetzen

BRÜSSEL rtr/afp/dpa ■ Der Nato-Rat hat sich gestern nicht auf einen Verzicht auf uranhaltige Munition geeinigt. In Brüssel hieß es nach einer Sitzung der Botschafter der 19 Nato-Staaten, die USA und Großbritannien hätten sich gegen die Verbotsforderung Deutschlands und Italiens ausgesprochen.

Als Reaktion auf die Sorge um uranhaltige Geschosse will die Nato jedoch einen Ausschuss zur weiteren Erforschung des „Balkan-Syndroms“ gründen. Daran sollten neben Nato-Mitgliedern auch Vertreter anderer Länder der militärischen Schutztruppen auf dem Balkan sowie zivile Organisationen beteiligt werden, sagte Nato-Generalsekretär George Robertson.

Der EU-Ministerrat wird vorerst keine eigenen Untersuchungen in der Sache anstrengen. Die EU-Kommission hat Beschlüsse im Zusammenhang mit Uranmunition auf nächsten Mittwoch vertagt.

Das abgereicherte Uran 238 (DU) der panzerbrechenden Munition steht im Verdacht, bei Nato-Soldaten Krebs ausgelöst zu haben. US-Kampfflugzeuge setzten Uran-Geschosse im Kosovokrieg 1999 ein. Davor wurde die Munition im Golfkrieg und im Bosnienkrieg verschossen. In Italien sind bislang mindestens fünf auf dem Balkan eingesetzte Soldaten an Leukämie gestorben. Neben Italien und Deutschland fordert auch Belgien zumindest ein Moratorium, bis erwiesen ist, ob DU die Gesundheit gefährdet. Die USA haben wiederholt betont, dass dies nicht der Fall sei. US-Verteidigungsminister William Cohen räumte allerdings ein, dass mit DU zerstörte Panzer auf dem Balkan hätten entsorgt werden müssen. Wenn es denn überhaupt Fehler gegeben habe, dann auf diesem Gebiet, sagte Cohen.

Eine Liste mit Zielen im Kosovo, im übrigen Serbien und in Montenegro, die mit DU-Munition angegriffen wurden, hat die Nato bereits im März 2000 auf Antrag der Umweltbehörde der Vereinten Nationen bereitgestellt. Für Bosnien, wo rund 10.000 uranhaltige Geschosse abgefeuert wurden, liegt eine derartige Liste noch nicht vor. Die UN-Verwaltung des Kosovo hat die Weltgesundheitsorganisation WHO um Hilfe gerufen, um das Gesundheitsrisiko zu untersuchen.

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