Eine Idee mit Potenzialen

■ Norddeutsche Akademie für Führungskräfte im Justizvollzug: Hebel für neue Beförderungsstrukturen im öffentlichen Dienst

In Niedersachsen träumt man von einer norddeutschen Führungs-akademie für den Justizvollzug, Bremen ist interessiert. Die Idee birgt Potenziale, denn eine solche Akademie kann das klassische Beförderungssystem im öffentlichen Dienst aufmischen, wo fachliche Qualifikation bislang nicht zwangsläufig mit Führungsqualitäten kombiniert wird. Die taz sprach darüber mit Monica Steinhilper, eine der UrheberInnen der Idee.

taz: Wieso kommt man erst heute auf eine solche Idee?

Dr. Monica Steinhilper, zuständige Referatsleiterin im niedersächsischen Justizministerium: In den letzten Jahren haben sich die Ansprüche an die Anstaltsleitungen dramatisch verändert. Durch die Verwaltungsreform wachsen die Einrichtungen, die Anstalt der Zukunft in Niedersachsen wird 250-300 MitarbeiterInnen und rund 700 Gefangene, andere sogar mehr, haben. Anstaltsleitungen haben eigene Budgets und müssen also unternehmerisch handeln – und zugleich so führen, dass die MitarbeiterInnen zufrieden arbeiten können. Dazu kommt ein schwierigeres Gefangenenklientel durch verstärkte Drogenproblematik und kuturelle Mischung. Daraus ergeben sich hohe Erwartungen an Anstaltsleitungen.

Die öffentliche Hand ist knapp bei Kasse. Neue Knäste werden auch gebaut, um effizienteren Personaleinsatz und technische Überwachung zu ermöglichen. Andererseits kostet eine solche Akademie. Wie kalkulieren Sie also?

Vorerst gibt es nur die Idee und den Willen, aber keine Details. Ein Nordverbund sollte gemeinsam entwickelt werden. Ich glaube nicht, dass eine solche Akademie sehr, sehr kostenintensiv wird. Schon jetzt werden ja Haushaltsmittel für Fortbildung bereitgestellt, wobei die Führungsakademie neue Akzente setzen soll. Eine zentrale Aufgabe könnte beispielsweise sein, Vorgesetzte darin zu schulen, Nachwuchskräfte mit Führungsqualitäten zu erkennen – und diese Einschätzungen der Vorgesetzten wiederum in Assessment-Centern zu überprüfen. Ein nächster Schritt ist, die klassische Personalentwicklung neu zu planen. Außerdem erwartet Niedersachsen von Führungskräften zukünftig „Europakompetenz“ – auch so etwas könnte in der Akademie Platz finden.

Der Justizvollzug der Länder ist unterschiedlich strukturiert. Was heißt das für die Zusammenarbeit?

Probleme sehe ich wenig, aber noch haben wir uns nicht detailliert mit den Fragen befasst. Führung und Fortbildung ist nach meiner Ansicht aber unabhängig davon, in welchem Bundesland ich arbeite. Ich würde sogar sagen, es ist egal, ob ich in der Privatwirtschaft oder im Justizvollzug arbeite. Die Anforderungen und damit die Trainingsbedarfs sind vergleichbar. Ich könnte mir eine Kooperation mit der Privatwirtschaft vorstellen – so wie wir für Führungskräfte in der niedersächsischen Landesregierung schon Wirtschaftsvolontariate anbieten. Aus solchen Erfahrungen stammt übrigens auch die Inspiration zu einer solchen Führungsakademie.

Und was habe Gefangene davon?

Unser Auftrag ist, sie zu resozialisieren, ihnen wirksame Behandlungsmethoden anzubieten und die Sicherheit der Bevölkerung zu gewährleisten. Dazu braucht man Rahmenbedingungen: Eine Organisation, die, wenn sie wirtschaftlich arbeitet, auch Ressourcen entdecken kann, die wiederum in andere Angebote fließen. Ich bin überzeugt, dass eine wirtschaftlich geführte Anstalt günstige Rahmenbedingungen auch für Resozialisierung schaffen kann. Mit einer motivierten Belegschaft kann ich immer einen besseren Vollzug machen.

Fragen: Eva Rhode