Juristischer Stil

Buchtipp: Der Geschädigte liegt dem Vorgang bei

So knochentrocken, wie gemeinhin angenommen, ist die Juristerei gar nicht – zumindest nicht immer. „Man kann heute schon alles mögliche verpflanzen. Vielleicht kann man ja auch schon Gedächtnisse verpflanzen. Aber bei mir ist es wohl bereits zu spät.“ Der dies sinnierend in seinen Akten vermerkte, war ein Richter, dem offenbar wiederholt etwas Wichtiges durch die Lappen gegangen war. Und in einem Polizeiprotokoll fand man folgenden Eintrag: „Die Festzunehmende war psychisch auffällig. Sie liebt Polizeibeamte.“ Ein Hauptverhandlungsprotokoll behauptet gar: „Der Angeklagte arbeitet bei den 7 Zwergen“ – gemeint waren allerdings die Siemens-Werke, was beweist, dass man nicht alles so schreibt, wie man spricht, besser: hört.

Gesammelt hat diese juristischen Stilblüten, Notizen, Hörfehler und Merkwürdigkeiten aus Schriftsätzen, Eingaben und Protokollen ein Göttinger Oberstaatsanwalt. Der Beck-Verlag machte daraus ein köstliches Büchlein – preiswert und als Mitbringsel jederzeit geeignet; vorzugsweise natürlich für langweilige Juristenpartys. Man wird überrascht sein, wie schnell die werten Kolleginnen und Kollegen plötzlich ungeahnte Kräfte freisetzen, Phantasie entwickeln und selbst – erlebte oder vermeintliche – Anekdoten in die Welt setzen. ALO

Wilfried Ahrens: „Der Geschädigte liegt dem Vorgang bei. Die besten juristischen Stilblüten“. 100 Seiten, Verlag C. H. Beck, München, 12,80 Mark, ISBN 3-406-42147-4