Held und Schurkin

Vor den heute beginnenden Australian Open sorgen Rod Laver (62) und Jelena Dokic (17) für Aufsehen

MELBOURNE taz ■ Zur Feier des Tages trug er die Kappe mit dem Schirm nach vorn. An der Seite des berühmten Rod Laver (62) erschien Jüngling Lleyton Hewitt (19) gestern um die Mittagszeit formvollendet und mit Respekt zum Eröffnungsspielchen der neuen „Vodafone Arena“ im Melbourne Park. Der Auftritt dauerte nicht mehr als eine halbe Stunde, doch er fasste alles zusammen, was aus der Sicht der Australier zusammengehört: die ruhmreiche Vergangenheit als Tennisnation Nummer eins in Gestalt des Herrn Laver, die hoffnungsvolle Zukunft in Händen des diesmal liebenswert harmlosen Lleyton und als Beweis einer eindrucksvollen Gegenwart eine neue, in Stein gemauerte Arena.

65 Millionen Australische Dollar, umgerechnet rund 84 Millionen Mark, hat dieses zweite Prunkstück gekostet, das in Form und Funktion bewusst an den großen Centre Court nebenan erinnert. Vor dessen Einweihung 1988 galten die Australian Open im Rahmen der Grand-Slam-Turniere als Auslaufmodell, nun aber sind sie den anderen nicht mehr einen, sondern gleich zwei Schritte voraus. 15.000 Sitzplätze und ein mobiles Dach bietet der Centre Court, die so genannte „Rod Laver Arena“, 10.000 Zuschauer passen in die neue Nummer zwei, auch hier geschützt gegen Regen durch ein mobiles Dach, das innerhalb von nur zehn Minuten geschlossen werden kann. Eine Multi-Funktions-Arena, in der zukünftig außerhalb der Tenniswochen Melbournes Basketball-Mannschaften Titans und Tigers spielen und in der die Bahnradsportler Runden drehen werden.

Laver war dabei, als die Australian Open 1988 Premiere im Melbourne Park feierten. Zur Einweihung der „Vodafone Arena“ kehrte er aus seinem kalifornischen Domizil erstmals nach 13 Jahren zurück. Doch nicht nur deshalb war es ein Besuch mit besonderer Bedeutung. Zweieinhalb Jahren nach einem Schlaganfall war der schmächtige Held früherer Tage wieder gut zu Fuß, und er spielte, als sei fast nichts geschehen; das freute die Leute enorm.

Was sonst noch los war, wenige Stunden vor dem Beginn der 89. Australian Open? Nun, es wurde nichts aus dem prognostizierten Hitzerekord. Unter geschlossener Wolkendecke blieb es bei läppischen 36,4 Grad, und erleichtert nahmen Spieler und Offizielle zur Kenntnis, dass das Thermometer in den nächsten Tagen vermutlich auf wettkampffreundliche Werte Mitte der Zwanziger fallen wird. Nicolas Kiefer (gegen Wayne Black/Zimbabwe) und Tommy Haas (gegen Nicolas Massú/Chile) sind erst morgen dran, was Australiens Tennisfans zunächst mal weniger interessiert.

Die beschäftigten sich noch einmal, schon wieder oder immer noch mit dem Fall eines jungen, unglücklichen Mädchens. Einen Tag vor Beginn des Turniers mussten alle offiziellen Schriftstücke geändert werden; nicht mehr Jelena Dokic/Australien, sondern Jelena Dokic/Jugoslawien steht nun darauf. Damit machten die 17 Jahre alte Spielerin und deren Vater Damir, die 1994 aus Serbien kommend in Australien eingewandert waren, eine schon mehrfach angekündigte Drohung wahr. Auslöser war die Auslosung des Turniers, die Jelena Dokic in der ersten Runde am Montag auf Titelverteidigerin Lindsay Davenport treffen ließ. Bereits im vergangenen Jahr hatten Vater und Tochter behauptet, im australischen und internationalen Tennis gäbe es manipulierte Auslosungen, um einen Erfolg Jelenas zu verhindern, und auch diesmal beschwerten sie sich, das alles gehe nicht mit rechten Dingen zu.

Als Rod Laver gebeten wurde, diesen Vorwurf zu kommentieren, antwortete er: „Mir kommt das lächerlich vor. Ich hab auch schon mal in einer ersten Runde gegen Rosewall spielen müssen. So springt der Ball nun mal.“ Man wird sehen, wie die Geschichte weitergehen wird, aber es steht zu befürchten, dass die neue, alte Nationalität im Leben der Jelena Dokic letztlich nicht allzu viel ändern wird.

DORIS HENKEL