„Trügerische Sicherheit“

Wer in die Tropen reist, muss sich gegen Malaria schützen. Ärzte warnen vor rein homöopathischer Prophylaxe  ■ Von Nicole Paul und Sandra Wilsdorf

Safari in Westafrika, Tempel-Tour in Thailand oder Schippern auf dem Amazonas – Urlaub kann so schön sein. Und manchmal voller Risiko, denn in tropischen Regionen summt die Anophelesmü-cke. Wer dorthin reist, muss sich deshalb auch mit der Frage auseinander setzen: Wie schütze ich mich gegen Malaria?

Gegen die auch als Sumpf- oder Wechselfieber bekannte Krankheit gibt es verschiedene Präparate. Einige werden vor, während und noch Wochen nach der Reise eingenommen, manche Tabletten nimmt man täglich, andere ein bis mehrmals in der Woche. Eine Zeit lang waren sogenannte „Standby-Mittel“ modern – nach dem Motto: Ich nehme erst was, wenn ich Malaria habe. Doch immer mehr Ärzte raten davon ab. Denn die Notfall-Dosis belastet den Körper stärker als die prophylaktische Einnahme.

Außerdem ähneln die Malaria-Symptome zu sehr denen einer Erkältung, als dass man zuverlässig entscheiden kann, was es ist. „Man kann die therapeutische Dosis nicht ohne ärztliche Überwachung nehmen“, warnt Professor Manfred Dietrich, Leiter von Klinik und Ambulanz des Bernhard-Nocht-Instituts für Tropenmedizin. Das Risiko von Nebenwirkungen sei so groß, dass „bei uns die Patienten auf die Intensiv-Überwachung kommen“.

Da ist für viele die homöopathische, oder vielmehr die so genannte homöopathische Prophylaxe eine willkommene Alternative. Dabei nehmen die Reisenden ein Medikament, das homöopathisch aufbereitete Malariaerreger enthält, eine so genannte Malaria-Nosode. Diese Methode verstößt jedoch gegen die Prinzipen der klassischen homöopathischen Schule nach Samuel Hahnemann. Mit der ist nämlich jegliche Form der Prophylaxe oder Impfung unvereinbar. Nach Hahnemann kann ein Mensch erst dann behandelt werden, wenn er krank ist und bestimmte Krankheitssymptome aufweist. In diesem Fall wird ein auf den ganzen Menschen und seine individuellen Symptome abgestimmtes Mittel verabreicht. Eine Vorab-Gabe eines Allgemein-Therapeutikums wird hingegen abgelehnt.

„Völlig zwecklos und riskant, weil sich die Menschen in trügerischer Sicherheit wiegen“, urteilt Tropenmediziner Dietrich über die homöopathische Prophylaxe und erzählt, dass immer wieder Patienten mit schwerer Malaria ins Krankenhaus kämen, die sich darauf verlassen hätten. Die Deutsche Homöopathische Union DHU, zuständig für die Herstellung der klassischen Homöopathika, empfiehlt die Methode ebenfalls nicht. Statt einer Stellungnahme schickt sie Artikel aus der deutschen Apotheker Zeitung, in denen die Arzneimittelkommission vor der homöopathischen Malaria-Prophylaxe warnt.

Auch Hannelies Finck, Heilpraktikerin und klassische Homöopathin, ist zurückhaltend: „Die Methode müsste funktionieren, aber bei Malaria reicht mir ein ,müsste' nicht.“ Sie ist deshalb für ein Zusammenwirken von Schulmedizin und Naturheilkunde: „Ich rate zur schulmedizinischen Prophylaxe und gleichzeitiger naturheilkundlicher Behandlung der Nebenwirkungen.“ Mit letzterer ließen sich beispielsweise eventuell auftretende Leberschäden ausschließen .

Curt Kösters, Vorsitzender der Gesellschaft homöopathischer Ärzte in Schleswig-Holstein und den Hansestäden rät ebenfalls von der homöopathischen Prophylaxe ab und bestätigt, dass es immer wieder Fälle gibt, in denen sie versagt. Allerdings sei auch die Schulmedizin nicht in 100 Prozent der Fälle wirksam. Dazu Dr. Helmut Jäger vom Bernhard-Nocht-Institut: „Das stimmt, aber die konventionelle Medizin stellt sich zumindest Studien, die die Ursachen solchen Versagens untersuchen.“ Dann könne entsprechend reagiert werden, „zum Beispiel indem bei einer Resistenz auf ein anderes Mittel ausgewichen wird“. Für die Malaria-Nosode gebe es überhaupt keine solchen Untersuchungen.

Schließlich gibt es noch die Möglichkeit der Behandlung einer akuten Malaria mit homöopathischen Mitteln. Von Selbstmedikation wird jedoch dringend abgeraten, da es ebenso viele verschiedene Malariaarten wie jeweils angezeigte homöopathische Medikamente gibt. Hinzu kommen die unterschiedlichen Menschen, deren Eigenarten in der Homöopathie von zentraler Wichtigkeit sind.