Rilkes Frauen, Unselds Reich

■ Die 25. Literarische Woche widmet sich dem Dreiklang „Schreiben, Übersetzen, Verlegen“

Same procedure as every year: Erst trifft man sich im Rathaus, dann werden die Bremer Literaturpreise überreicht, und anschließend beginnt die Literarische Woche. Dieser Dreischritt ist seit einem Vierteljahrhundert festes Bremer Januarritual, in diesem Jahr sogar mit einem bereits erprobten Hauptdarsteller namens Alexander Kluge, dem der hoch dotierte und angesehene Bremer Literaturpreis nach 1979 nun schon zum zweiten Mal verliehen wird.

So überaus traditionsbewusst sich 2001 also die Vergabe des Literaturpreises gibt, so traditionsnegierend kommt die mit der Preisvergabe beginnende 25. Ausgabe der Literarischen Woche daher. Denn im Gegensatz zu früheren Programmen, wo Länderschwerpunkte sich mit speziellen literarischen Themen wie etwa „Musik und Literatur“ abwechselten, dreht sich in diesem Jahr alles um die Literaturproduktion selbst. Bis zum 1. Februar kann man neben dem einen oder anderen Autor auf zahlreichen Veranstaltungen vor allem die Bekanntschaft von namhaften ÜbersetzerInnen und VerlegerInnen machen.

Nicht fehlen darf dabei natürlich Siegfried Unseld, der inzwischen nicht mehr ganz taufrische Chef des Suhrkamp-Verlages, dessen Gespür für interessante AutorInnen mindestens ebenso legendär ist wie sein Verschleiß potenzieller Nachfolger in der Verlagsleitung. Unseld wird am 26. Januar in der Bürgerschaft die Ausstellung „100 Jahre Insel Verlag“ eröffnen. Zwar waren die 100 Jahre schon 1999 erreicht und die Ausstellung entsprechend schon vor zwei Jahren erstmals in Frankfurt zu sehen. Aber da 1899 die Geburtsstunde der Zeitschrift „Die Insel“ war, aus der 1901 der in Leipzig gegründete, gleichnamige Verlag hervorging, wähnen sich die OrganistorInnen durchaus up to date. Zumal die zahlreichen Bremen-Bezüge der Verlagsgeschichte – Rudolf Alexander Schröder und Alfred Walter Heymel gehörten zu den Mitbegründern, der Bremer Anton Kippenberg leitete den Verlag bis in die 1950er Jahre – Anlass genug sind, die Ausstellung auch mit mehrjähriger Verspätung in die Hansestadt zu holen.

Zwei Tage nach Unseld werden gleich sechs VerlagsvertreterInnen von Piper bis Schünemann Am Wall 208 über die künftigen Perspektiven der Belletristik debattieren (28. Januar). Dem berühmtesten Insel-Autor Rainer Maria Rilke widmet sich gleich eine dreiteilige, von der Stadtbibliothek mit initiierte Reihe „Rilke und die Frauen“ mit Vorträgen, Lesungen und Diavorträgen. Johann-Günther Königs Vortrag „Bremens berühmteste Verleger“ würdigt fünf bekannte Verleger, unter ihnen Georg Joachim Göschen und Ernst Rowohlt (31. Januar), während Erika Tophoven und Thomas Brovot – ÜbersetzerInnen von Octavio Paz, Paul Valéry oder Georges Simenon – im Institut Français einen Abend über das Handwerk des Übersetzens bestreiten werden (30. Januar).

Wem nach diesen vielfältigen Einblicken hinter die Kulissen des Literaturbetriebs der Sinn nach den LiteratInnen selbst steht, hat am 1. Februar die Gelegenheit, gleich fünf jüngere deutschsprachige LyrikerInnen live zu erleben. Ulrike Draesner, Norbert Hummelt, Katharina Höcker, Thomas Rosenlöcher und der diesjährige Förderpreisträger Raphael Urweider wollen im Lagerhaus über ihre Liebe zum Rap, die Wiederentdeckung des Alltags und die Faszination der literarischen Tradition plaudern.

zott/Foto: Julia Baier

Die weiteren Termine & Uhrzeiten können dem in vielen Buchhandlungen ausliegenden Programm entnommen und im Literaturkontor erfragt werden (Tel.: 32 79 43). Radio Bremen Zwei sendet im Vorfeld ein Feature zum Insel-Verlag (21. Januar, 9 Uhr). Einen Tag vor der Literaturpreisverleihung (26. Januar, 12 Uhr, Rathaus) zeigt das Kino 46 den Kluge-Film „Der Angriff der Gegenwart auf die übrige Zeit“, zu der Alexander Kluge eine Einführung sprechen wird (25. Januar, 18 Uhr). Preisträgerlesung am 25. Januar um 20 Uhr im Theater am Goetheplatz.