Unfall bei der Rallye Telemontecarlo

Aus den TV-Plänen der italienischen Telekom wird nichts. Der lachende Dritte ist – wie immer – Silvio Berlusconi

ROM taz ■ Die Übernahme des Fernsehsenders Telemontecarlo (TMC) durch die Telecom Italia ist vorerst am Veto der italienischen Medienaufsicht gescheitert. Die TV-Kontrollbehörde befand das Ansinnen der Telecom für gesetzwidrig, über ihren zur Internet-Tochter ausgebauten „Gelbe Seiten“-Verlag 75 Prozent von TMC zu erwerben.

Die Nachricht von der geplanten TMC-Übernahme hatte im letzten Juli großes Aufsehen erregt. Bisher ist TMC das Mauerblümchen in der italienischen Fernsehlandschaft; die beiden Kanäle des Senders krebsen bei 2 Prozent Einschaltquote herum, während die staatliche RAI und Berlusconis Mediaset mit je 45 Prozent den Kuchen praktisch allein unter sich aufgeteilt haben. Auch dem 1995 als Alleineigentümer bei TMC eingestiegenen Filmunternehmer Vittorio Cecchi Gori war es nicht gelungen, aus Telemontecarlo den „dritten Pol“ zu machen: Die Quoten blieben im Keller, die Schulden des Senders aber summieren sich mittlerweile auf über 500 Millionen Mark. Eine vollkommen neue Situation zeichnete sich mit dem Einstieg der Telecom ab: Endlich schien der kapitalstarke Gesellschafter gefunden, mit dessen Hilfe TMC zum gefährlichen Konkurrenten Berlusconis und der RAI werden konnte. Zudem gilt Telecom-Chef Roberto Colaninno als regierungsnah, die Übernahmeoperation erschien deshalb auch als Versuch, einen starken Privatsender mit Sympathien für das Mitte-links-Lager zu schaffen. Niemand wunderte sich deshalb, dass Berlusconis Rechtsopposition mit schrillen Tönen reagierte. Entsprechend freundlich fiel die Reaktion der Regierung aus. Zwar ist die italienische Telecom laut Mediengesetz nicht befugt, ins TV-Business einzusteigen. Doch die Koalition erklärte, in diesem Falle müsse man das Gesetz halt „interpretieren“ – und wandelte die Konzession in eine Lizenz um. Silvio Berlusconi – der sein Unternehmen über Jahre an der Rechtslage vorbei aufgebaut hatte – entdeckte dagegen als Politiker nun den hohen Wert der Gesetzestreue und verdammte die Operation als „illegal“. Er bekam jetzt Recht durch die Medienwächter, die ihrerseits das Gesetz „interpretierten“. Auch mit einer einfachen Lizenz habe Telecom Italia faktisch immer noch eine Monopolstellung auf dem Telefonmarkt inne und müsse deshalb auf TV-Aktivitäten verzichten.

Das italienische Fernseh-Duo bleibt damit erhalten. Erhalten bleibt so auch das Risiko, dass Silvio Berlusconi nach den Wahlen im April zum alleinigen Herren über Italiens Fernsehen wird – dass er als Unternehmer seine drei Mediaset-Kanäle und als Ministerpräsident die drei Kanäle der RAI kontrolliert.

MICHAEL BRAUN