Castor-Blockade? Nein danke!

Das beschloss der grüne Parteirat gestern und geht auf Distanz zur Anti-Atom-Bewegung

BERLIN taz ■ Jahrelang haben Grüne gegen die Castoren blockiert. Die Blockaden folgten etwa dieser Strategie: Wenn sich der Müll an den AKWs stapelt, verlieren die Reaktoren ihre Betriebserlaubnis und müssen vom Netz. Also muss der Müll mit Polizeigewalt durchgebracht werden. Durch Blockaden kann man aber diese Transporte sehr verteuern, so teuer vielleicht, dass sich Atomenergie einfach nicht mehr rentiert und eben am Widerstand der Bevölkerung scheitert. „Verstopfungsstrategie“ heißt dieses Konzept.

Nun sind die Grünen in der Regierung, haben den Atomausstieg bis spätestens Ende der Zwanzigerjahre ausgehandelt und viel getan, um die Castortransporte erstens sicherer zu machen und zweitens auf ein Minimum zu reduzieren. Da fällt es schwer, noch gegen Transporte zu argumentieren. Als Argument für Blockaden galten schließlich stets das Gesundheitsrisiko der Atomkraft im Allgemeinen und der Transporte im Besonderen.

Nun steht der erste Transport seit Amtsantritt bevor, nämlich vom AKW Neckarwestheim nach Ahaus. Anti-Atom-Initiativen planen bereits Blockaden. Doch so was wollen die Grünen nicht mehr unterstützen, beschloss der grüne Parteirat gestern. Begründung: Eine Castor-Blockade „führt nicht zu kürzeren Laufzeiten, sondern verschiebt den Zeitpunkt der Stilllegung von Atomanlagen nach hinten“. Vor allem, so Parteichef Fritz Kuhn, möchte man keine Aktionen unterstützen, die „den Atomkonsens gefährden“ wollten. Der Atomkonsens wird von den meisten Anti-Atom-Initiativen abgelehnt.

Kuhn gab sich gestern überzeugt, dass sich die grünen Landes- und Kreisverbände an diesen Beschluss halten werden. Vielen Mitgliedern wird diese indirekte Distanzierung von der Anti-Atom-Bewegung aber kaum gefallen.

Besonders pikant: Der anstehende Atommülltransport nach Ahaus ist auch aus Sicht der Bundesgrünen eigentlich überflüssig, weil bereits ein Zwischenlager in Neckarwestheim beantragt ist. MATTHIAS URBACH