Bunt, locker und bestimmt nicht schocking

Bei der ersten internationalen Werbekampagne nach dem Rausschmiss von Oliviero Toscani setzt Benetton auf betont fröhliche Sauberkeit

Blutige Neugeborene, Aids-Kranke, Häftlinge im Todestrakt: Bei der Benetton-Werbung der letzten Jahre blieben die Pullover dezent in der Kiste. Das Firmen-Logo am Rande der von Starfotograf Oliviero Toscani komponierten Schockbilder war der einzige Hinweis auf das Strickwarenunternehmen.

Doch jetzt wird alles wieder gut: Die im Februar startende Werbekampagne für die Früjahrs- und Sommerkollektion ist so brav und bunt wie die der Konkurrenz.

„Nach Toscani konzentrieren wir uns eben wieder auf unsere Produkte, nicht auf gesellschaftliche Probleme“, heißt es bei der Benneton-eigenen Kreativfabrik Fabrica, deren Chef bis zum vergangenen Mai noch Oliviero Toscani hieß.

Ein „freies, zeitgemäßes Produkt“ soll der neue Werbefeldzug verkaufen, mit den noch von früher bekannten fröhlichen Menschen verschiedenster Hautfarbe. In rund 100 Staaten wird wieder gleichzeitig gestartet, um jetzt mit der neuen Benetton-Botschaft „sauber, bunt, Spaß haben“ international die Kundschaft in die Läden zu treiben. Das Ganze sieht auch prompt ein bißchen aus wie beim Hauptkonkurrenten GAP.

Im Vorjahr hatte Benneton noch mit der umstrittenen „Death-Row“-Kampagne von Toscani international für Furore gesorgt: Die großformatigen Poster von zum Tode verurteilten Sträflingen aus den Todeszellen diverser US-Gefängnisse sollten laut Toscani Pullover verkaufen – aber auch gegen die Todesstrafe Front machen. „Werbegelder sollen für ein echtes Anliegen, einen Cause, eingesetzt werden und gleichzeitig den Absatz erhöhen“, so das Credo des ehemaligen Benetton-Kommunikationschefs, der wegen der Kampagne nach 18 Dienstjahren gehen musste. „Es ist eine Schande, dass viele Kreative im Jahr 2000 immer noch dumme Werbung machen, anstatt ihr Gehirn zu benutzen und etwas Interessanteres zu machen. Ich denke, sie sollten sich schämen. Sie drängen die Welt nur in Richtung Konsum. Sie sollten das Geld ihrer Kunden dafür einsetzen, etwas Intelligenteres zu machen“, begründete Toscani damals im taz-Interview seinen Ansatz.

Neben Rügen diverser Werberäte weltweit hatten sich Angehörige der Opfer scharf gegen Benetton positioniert, was den Konzern vor allem in den USA in Schwierigkeiten brachte. Unternehmenschef Luciona Benetton hatte sich bereits im Frühjahr bei den Angehörige der Opfer entschuldigt und danach Toscani gefeuert.

Neben der öffentlichen Schelte dürfte aber vor allem die Entscheidung der großen US-Warenhauskette Sears Roebuck, in ihren über 400 Läden keine Benetton-Ware mehr zu führen, beim Management des italienischen Bekleidungskonzerns für diesen „Umdenkprozess“ gesorgt haben.

Die neue Kampagne arbeitet mit Motiven des britischen Fotografen James Mollison, der wie Toscani zum Team der Fabrica gehört. STEFFEN GRIMBERG