Streit um Lebensmitteluntersuchung

■ Inoffizielles Gutachten über das Amt, das unter anderem BSE-Tests macht, stellt Senatorin Adolf bloß / „Private nicht schlechter“

„Verbraucherschutz“ steht auf der Tagesordnung der Bürgerschaft, und man sollte meinen, vor BSE sind alle gleich. Das aber ist mitnichten der Fall. Im engeren Sinn verhandelten die Parlamentarier um das Wohl und Wehe des Landesuntersuchungsamtes für Chemie, Hygiene und Veterinärmedizin, kurz LUA. Und am Anfang gab's viel Lob: Binnen kürzester Zeit hätte es die Amtsleitung bewerkstelligt, dort BSE-Tests durchzuführen: Bei aller Krise bekam Gesundheitssenatorin Hilde Adolf (SPD) als Behördenleiterin Komplimente sogar von den Grünen. Die hatten einen Antrag eingebracht, das LUA müsse unter staatlicher Obhut bleiben, damit dort weiter unabhängig untersucht werden könne. Darin sind die Grünen einig mit dem Personalrat, der gestern in einem offenen Brief an Frau Aolf davor warnte, mit einer Privatisierung des Amtes die „Deregulierung in Sachen Gesundheitsschutz“ zu betreiben. „Amtliche Lebensmittelkontrolle ist notwendiger denn je“, argumentierte im selben Sinne die Grüne Doris Hoch.

Die CDU, eigentlich für die Privatisierung, traute sich zwar in diesen sensiblen BSE-Zeiten nicht, schlicht den Schritt auf den privaten Markt für das LUA zu fordern, machte sich aber immerhin für eine „Qualifizierung der Mitarbeiter“ stark und übte harsche Kritik an der Art, in der das Amt zur Zeit seinen Aufgaben nachkomme. Und das auf zunächst merkwürdige Weise.

Nachdem noch am selben Tag die Pressestelle von Hilde Adolf gesagt hatte, es gäbe überhaupt kein Gutachten, von anderer Stelle aber ruchbar wurde, es gäbe doch eins, das sei aber nocht nicht öffentlich, leitete Brigitte Dreyer (CDU) ihre Rede mit den Worten ein: „Wenn es das Gutachten schon gäbe, dann müsste darin stehen ...“, dass „die Effizienz des Amtes dringend überprüft“ werden müsse und dass der „Zustand, in dem das Amt sich befindet, so chaotisch“ sei, dass man nur sagen könne: „Sie täuschen die Verbraucher, Frau Adolf!“

Die wiederum erwartet am nächsten Montag in ihrer Eigenschaft als Vorsitzende der Gesundheitsministerkonferenz sämtliche Minister aus der Bundesrepublik zu einer Verbraucherschutzkonferenz – die erste ihrer Art. Schlechte Publicity kann sie da – so vermutet mindestens die CDU – nicht gebrauchen.

Waltraud Hammerström (SPD) verteidigte ihre Senatorin: Wie es mit dem LUA weitergehe, müsse man doch wohl nicht übers Knie brechen. Parteipolitische Profilierung sei hier völlig fehl am Platz. „Ende Januar kommt das von Frau Adolf und den Mitarbeitern des LUA in Auftrag gegebene Gutachten, dann sehen wir weiter.“

Sprach's, setzte sich und dann ließ Jens Eckhoff, Fraktionsvorsitzender der CDU, die Katze aus dem Sack: Er zitierte aus dem Gutachten, das offenbar doch schon vorlag: Misstrauen zwischen den Abteilungen, private Aufträge werden staatlichen vorgezogen, aus Controllingzahlen werden mangelhafte Konsequenzen gezogen, es mangele an Kostenbewusstsein, Preise (Gebühren) sind ohne inhaltliche Relevanz. Die Liste, die die Gutachter von Meyer und Partner aufgestellt haben ist lang und vernichtend. „Glauben sie wirklich, das können Private noch schlechter“, fragte Eckhoff und zitierte zuletzt Punkt eins der Schwachstellenliste: „Nicht ausreichende Zielvorgaben durch Senatorin“.

Nun hatte die SPD, oder jedenfalls die Senatorin, das unbequeme Gutachten doch schon gelesen. Bis gestern habe sie „intensive Gespräche“ darüber mit Mitarbeitern geführt. „Ob wir das Untersuchungsamt wirklich aus staatlicher Obhut entlassen, müssen wir reiflich überlegen.“ Dazu gehöre eben auch, dass man Rücksicht nehme auf das „Sicherheitsgefühl“ der Verbraucher. Privatisierung sei da unter Umständen das falsche Signal.

Aus dem Amt selbst hört man unterdessen, dass der Betrieb dem St. Jürgen-Krankenhaus angeschlossen werden soll. Die Privatisierung ist damit, laut Personalrat, noch lange nicht vom Tisch. Bis Anfang März soll nun entschieden sein, ob das LUA in einen Eigenbetrieb, oder in eine rein private Form überführt wird oder ob es in staatlicher Obhut bleibt. Das Gutachten komme bei aller Kritik, so Hilde Adolf, zu dem Ergebnis, „dass man es als Amt weiterführen kann.“ Der Antrag der Grünen, schon jetzt für den Verbleib in staatlicher Kontrolle zu votieren, wurde jedenfalls abgelehnt. hey