wahnsinn
: Die Grüne Woche

Tierschau mit Hundehaaren

„Personen aus Gehöften, in denen Schweinepest herrscht, dürfen nicht auf das Ausstellungsgelände“, steht auf einem Schild am Zaun vor den Messehallen der „Grünen Woche“. Tatsächlich warten überraschend viele Menschen unsicher draußen vor den Eingängen. Ohne Schadenfreude, aber gesund betritt man selbst die Hallen. Leider ist die Pressekonferenz der Deutschen Gesellschaft für Terrarienkunde schon vorbei.

Dafür hecheln die Schafe in Raum 26 interessant. Der Mann von der dazugehörigen Biofleischerei sagt, das bedeute Stressatmung. Die drückende Luft sei den Tieren zu heiß. Das ist wohl der Preis, den Aussteller und Ausstellungsobjekte dafür zahlen, zehn Tage lang Teil von „Deutschlands größtem Heimtierzoo“ zu sein.

Über die bloße Anwesenheit hinaus verfolgen die Vertretungen der verschiedenen Tiergruppen auf der Grünen Woche indes meist keine Ziele. Der Herr vom Berliner Verband der Aquarien- und Terrarienfreunde meint, die Resonanz beim Publikum sei sowieso „fast null“. Denn „der normale Aquarianer sitzt zu Hause und guckt in sein Becken“. Nur aus „purem Idealismus“ hätten die Verbandsmitglieder die vielen Aquarien in Halle 2 aufgebaut. Wenn man als Verein „nicht im Gerede“ bleibe, sei man schließlich bald „weg vom Fenster“. Hinter seinem Stand streicht er Faltblättchen glatt. Sie laden zu Themenabenden der Zukunft wie „Aquaristisches Allerlei“ oder „Zierfischmarkt in St. Petersburg“ ein.

Besser ist die Stimmung beim „Frettchen-Club Berlin e.V.“ Der hat seinen Messebereich mit einer hüfthohen Glasscheibe abgesperrt. Dahinter sitzen zwei kettenrauchende Frauen auf einer Polstergarnitur. Unter dem Couchtisch rennt ein wieselartiges Tier umher. An den Wänden hängen Zettel mit der Aufschrift „Wir sind fast stubenfrei“, „Wir sind keine Nagetiere“ oder „Wir brauchen viel Auslauf“. Zuerst denkt man vergnügt, damit seien die Frauen gemeint. Später erklärt ein männliches Clubmitglied, das Frettchen sei ein „Modetier“. Im letzten Jahr hätte es eine „Frettchenwelle“ gegeben. Schade, dass man selbst davon so wenig mitbekommen hat.

Dass sich der „Rattenclub Berlin-Brandenburg“ dagegen regelmäßig in der Hasenheide trifft, ist längst bekannt. Der Verein präsentiert sich auf der Messe mit verschiedenen komplizierten Röhrensystemen, durch die sich dicke weiße Tiere schlängeln. Weitere Informationen können Interessenten der Vereinszeitung Ratzblatt entnehmen.

Schöner sind die klingenden Namen, die Meerschweinchenhalter ihren Haustieren geben. Viele Passanten würden sich gerne einen kleinen Freund wie „Zorro“, „Esmeralda“, „Edgar“ oder „Calipso“ für zu Hause einpacken lassen. Große Besuchergruppen sammeln sich vor den Käfigen und wollen streicheln.

Auf weniger Aufmerksamkeit treffen die selbst gestrickten Pullover aus Hundehaaren, die der „Allgemeine Klub für polnische Hunderassen“ an seinem Stand aufgehängt hat. Man würde sie wahrscheinlich nur widerwillig anziehen. KIRSTEN KÜPPERS