Doppelpack für Bahnhofkids

Ein Center für Straßenkinder am Bahnhof Zoo verbindet erstmals Jugendarbeit und Drogenhilfe. Die dauerhafte Finanzierung des Modellprojekts bleibt offen

In Tiergarten wurde gestern ein Center für Straßenjugendliche eröffnet. Das Netzwerkprojekt des Drogennotdienstes Berlin (DND) und der Kontakt- und Beratungstelle für Jugendliche (KuB) an der Fasanen-, Ecke Müller-Breslau-Straße ist die bundesweit erste Einrichtung dieser Art. Der Modellversuch soll die „unmittelbare Zusammenarbeit von Trägern aus den zwei entscheidenden Bereichen der Straßenarbeit“ fördern, sagt Jürgen Schaffranek, Leiter des DND.

Denn ein Kernproblem der bestehenden Streetwork ist die Trennung von Jugend- und Drogenhilfe. „Der Drogennotdienst ist grundsätzlich eher auf Hilfe für erwachsene Drogenabhängige ausgerichtet. Jugendliche kommen da häufig nicht hin“, erklärt Maria Berg, Sozialarbeiterin beim DND. „Die KuB wiederum ist mit Fragen zur Drogenproblematik oft überfordert. Da haben wir einfach die besseren Kontakte zu den Hilfsangeboten und -organisationen.“

Beide Einrichtungen beobachten ein immer jünger werdendes Klientel von schwerst Abhängigen. Hilfsangebote für diese fehlen jedoch. Die wollen nun beide Träger gemeinsam entwickeln.

Die Gruppe von potenziell betroffenen Jugendlichen in Berlin lässt sich schwer erfassen. „Wir haben zu 700 bis 800 Jugendlichen Kontakt“, sagt KuB-Leiter Robert Hall. Das neue Center gleich hinter dem sozialen Brennpunkt Bahnhof Zoo soll vor allem Primarbedürfnisse der Jugendlichen abdecken: Essen, Duschen, Wäschewaschen und einen warmen Ort zum Ausruhen. „Das sind Kinder aus völlig desolaten Familien“, erklärt Hall. „Die haben meist eine Kette von Enttäuschungen hinter sich.“ Man brauche unheimlich viel Zeit, um sie zu motivieren, bis sie Hilfe von Erwachsenen wieder akzeptieren und ihre Zukunft in die Hand nehmen.

„Zeit zu haben“, darauf ist das Center vor allem ausgerichtet. Schon die Einrichtung distanziert sich deutlich vom büroähnlichen Charakter vieler Beratungsstätten. Auf 90 Quadratmetern sind Sanitärräume und ein großer bistroähnlicher Aufenthaltsraum mit Küche und Tresen untergebracht. Zwei weitere Räume können flexibel genutzt werden.

Während der Öffnungszeiten sind zwei MitarbeiterInnen beider Trägerorganisationen anwesend. Die SozialarbeiterInnen können während des Café-Betriebs so genannte Beziehungsarbeit leisten, Kontakte knüpfen und Jugendliche Schritt für Schritt in geeignete Hilfsprojekte einbinden.

Größtes Problem ist die Finanzierung. Zwar hat das Land Berlin die Räumlichkeiten zur Verfügung gestellt. Und die Träger konnten dank großzügiger Spenden vor allem vom Kabarett „Die Stachelschweine“ und der Hilfsorganisation „Kinder in Not“ den Aufbau finanzieren. Doch Jugendsenator Klaus Böger (SPD) unterstrich bei der Eröffnungsfeier zwar die Notwendigkeit der „engagierten Mitarbeit freier Träger und Einzelpersonen“, weiter reichende Unterstützungsangebote vom Land liegen aber nicht vor.

Auf Dauer ist das aber unabdingbar. Schon jetzt kann die Einrichtung nur zweimal die Woche öffnen. Für eine gelegentliche Dusche mag das reichen. Ein übergreifendes Hilfsprogramm lässt sich so aber nur schwer aufbauen. BETTINA WEGNER