Transparente Lauscher

Die neue Chefin des Berliner Verfassungsschutzes, Claudia Schmid, stellte sich erstmals im Parlament vor. Die bisherige Datenschützerin will das skandalgeschüttelte Amt mit Volldampf umbauen

von PLUTONIA PLARRE

Die wichtigste Information musste sich die neue Chefin des Berliner Verfassungsschutzes, Claudia Schmid, gestern selbst beschaffen: Wo sich im Berliner Abgeordnetenhaus der abhörsichere Geheimschutzraum befindet, in dem die Parlamentarier über Interna des Verfassungsschutzes informiert werden. Zusammen mit ihrer Pressesprecherin machte sich Schmid auf die Suche und wurde fündig.

Auf der 44-jährigen Juristin, die gestern ihren ersten öffentlichen Auftritt im Verfassungsschutz-Ausschuss hatte, lastet eine schwere Hypothek. Sie soll die skandalgeschüttelte Schlapphut-Truppe auf Vordermann bringen. Schmid war bis zu ihrem Amtsantritt am 2. Januar 2001 stellvertretende Landesbeauftragte für Datenschutz. Aufgrund dieser Tätigkeit glaube sie eine „Menge Sensibilität“ für die neue Aufgabe mitzubringen, sagte sie: „Ich will einen transparenten und effektiven Verfassungsschutz aufbauen.“

Als Konsequenz der zahlreichen Affären war das bislang eigenständige Landesamt für Verfassungsschutz Ende vergangenen Jahres aufgelöst und in eine Abteilung der Innenverwaltung umgewandelt worden. Die Zahl der Mitarbeiterstellen ist von 244 auf 197 geschrumpft, sämtliche Stellen wurden neu ausgeschrieben. Innenstaatssekretärin Mathilde Koller sagte gestern, es gebe inzwischen 3.000 Bewerbungen, allein für den höheren Dienst seien es 700. Eine Arbeitsgruppe der Innenverwaltung sei „mit Volldampf dabei“ die personelle Erneuerung voranzutreiben.

Nach der geplanten Umstrukturierung soll der Verfassungsschutz nach Angaben von Schmid vier Referate haben: ein Referat für Grundsatz- und Rechtsangelegenheiten nebst einem Stab Öffentlichkeitsarbeit mit einer eigenen Pressesprecherin; das Referat Rechts- und Linksextremismus und Auswertung; das Referat Spionageabwehr, Ausländerextremismus und Geheimschutz sowie das Referat Beschaffung. Zwei der vier Leiterposten sind bereits besetzt.

Stellvertretender Chef des Verfassungsschutzes soll der derzeitige Leiter des polizeilichen Staatsschutzes Peter-Michael Haeberer werden. Der kann aber erst wechseln, wenn ein Nachfolger für sein bisheriges Amt gefunden wurde.

Die künftigen Mitarbeiter sollen laut Schmid einen „politischen wissenschaftlichen Hintergrund“ haben. Besonders gefragt seien Islamisten, Juristen und Informatiker. Schwerpunkt der Arbeit sei eine effektive Analyse und Beratung, um die verantwortlichen Politiker in die Lage zu versetzen, rechtzeitig zu agieren und reagieren. Insbesondere im rechtsextremistischen Bereich müsse der Verfassungsschutz „mehr Zugänge“ für Informationsbeschaffung bekommen. In diesem Punkt sei die Zusammenarbeit mit Brandenburg besonders wichtig.

Die Abgeordneten aller Fraktionen signalisierten Schmid gestern volle Unterstützung. „So einvernehmliche Töne“, meinte der Ausschussvorsitzende Andreas Gram (CDU), „habe ich hier schon lange nicht mehr gehört.“