Teilerfolg für GM-Autobauer

Hoch die europäische Solidarität: Europaweit streiken rund 40.000 Beschäftigte. General Motors will nun über die geplante Schließung von Werken verhandeln

BERLIN taz ■ Der Schulterschluss hat sich erst einmal gelohnt. Die rund 2.000 Beschäftigten des britischen Autoherstellers Vauxhall in Luton und ihre etwa 200 Kollegen aus dem Opel-Werk im türkischen Torbali haben wieder eine Chance. Die Führungsspitze der europäischen Konzernzentrale von General Motors, zu dessen Imperium die beiden Marken gehören, hat sich gestern bereit erklärt, mit dem Euro-Betriebsrat zu verhandeln. Bislang hatte sie darauf bestanden, die Werke in Luton und Torbali zu schließen und europaweit rund 6.000 Beschäftigte zu entlassen.

Ausschlaggebend für das Einlenken waren Proteste in etlichen GM-Niederlassungen in Europa. Rund die Hälfte der europaweit 86.000 Beschäftigten waren einem Aufruf ihrer Lutoner Kollegen gefolgt und hatten die Arbeit niedergelegt, in vielen Werken ruhte die Produktion.

„Wir haben bewiesen, dass wir über den Tellerrand hinausgucken können“, sagte Peter Jasczyk, Betriebsratschef von Opel Bochum und Mitglied des GM-Euro-Betriebsrates, der taz. „Und dass wir etwas durchsetzen können, wenn wir uns nicht gegeneinander ausspielen lassen.“

Die Euro-Betriebsräte hatten das Management auf ihrer turnusmäßigen Sitzung, die ebenfalls gestern in der Züricher Europazentrale von GM stattfand, aufgefordert, die öffentlich angekündigten Rationalisierungs- und Schließungspläne aufzugeben. „Wenn die Konzernleitung darauf nicht eingegangen wäre, hätte sie so etwas wie heute wieder erleben können“, so Jasczyk. „Nur in einer anderen Qualität.“ Man sei sich darüber einig gewesen, dass kein anderes europäisches Werk den Kapazitätsausfall, der mit einem Streik in den von Schließung bedrohten Werken einhergegangen wäre, aufgefangen hätte. In Großbritannien hatten nicht nur die Arbeiter in den beiden Vauxhall-Werken, sondern auch alle GM-Händler angekündigt, sofort zu streiken.

Vertreter der Konzernspitze werden sich in den nächsten Tagen mit dem Steuerungskomitee des Euro-Betriebsrates sowie zwei Betriebsräten aus Luton zusammensetzen, um darüber zu verhandeln, wie die Anforderungen der US-Zentrale von GM umzusetzen sind. Diese hatte ein Restrukturierungsprogramm von GM Europa gefordert, zu dem die Streichung von europaweit rund 6.000 Stellen gehören sollte, um den Milliardenverlust des Vorjahres auszugleichen.

Man habe sich keinem „Druck gebeugt“, verlautete es aus der Zentrale. Arbeitsniederlegungen, die zu Produktionsausfällen führten, seien kein geeignetes Mittel, um die Situation der Vauxhall-Arbeiter oder anderer Beschäftigter zu verbessern. Ähnlich hatte sich im Laufe des Tages auch der Vorstand der deutschen Adam Opel AG geäußert, in dessen Werken sich rund 11.000 Leute an dem Protest beteiligt hatten. Grundsätzlich respektiere man die Solidarität mit den britischen Kollegen, aber diese Ziele könne man doch auf dem Verhandlungsweg verfolgen. Genau hier hatte aber die Kritik der Euro-Betriebsräte angesetzt: Nur weil sie als Vertreter der Arbeitnehmerinteressen zwar informiert werden müssen, aber auf europäischer Ebene kein Mitspracherecht haben, sei es nötig gewesen, „den Druck in den Betrieben zu erzeugen“.

BEATE WILLMS