Neue Rentenreform

Heute ist Rententag. Doch bevor Arbeitsminister sein Werk durch den Bundestag bringt, muss er sich erneut Korrekturforderungen beugen

BERLIN taz/rtr ■ Einen Tag vor Verabschiedung im Bundestag hat Walter Riester (SPD) sein Rentenkonzept ein weiteres Mal korrigieren müssen. Riester räumte gestern ein, eine Passage im Gesetzesentwurf habe zu dem Eindruck geführt, das Rentenniveau werde auf 64 Prozent sinken, anstatt sich im Laufe der kommen Jahre bei den versprochenen 67 Prozent einzufinden. Derzeit werden 70 Prozent des Nettogehalts gezahlt.

Nun will die Koalition heute einerseits die Reform durch den Bundestag bringen, andererseits muss sie aber zeitgleich einen Entschließungsantrag durchwinken, der dieses Gesetz in besagtem Punkt korrigieren soll. Der DGB und die IG Metall hatten sich über einen Paragrafen im Gesetz beschwert, der besagt, dass die Regierung erst dann einschreiten muss und geeignete Maßnahmen vorzuschlagen hat, wenn das Rentenniveau die Marke von 64 Prozent des Nettogehalts unterschreitet. Versprochen war aber eine Interventionsmarke von 67 Prozent.

Riester verteidigte sich zwar mit dem Argument, die Rentenhöhe werde allein durch die Rentenformel bestimmt, gab aber nach einer nächtlichen Sitzung mit dem Kanzleramt gestern morgen dem Druck nach. IG-Metall-Chef Klaus Zwickel und der DGB Vorsitzende Dieter Schulte äußerten sich gestern Nachmittag zufrieden über die Korrektur.

Aus seiner Fraktion hat Riester dem Vernehmen nach weniger freundliche Worte zu hören bekommen. Sein Vorgehen in der Sache sei unpolitisch und ungeschickt, hieß es. Kritiker wie der CDU-Rentenexperte Andreas Storm bemängeln, dass die Reform kaum bis 2030 Bestand haben werde. Möglicherweise werde das Bundesverfassungsgericht die Regierung bald zu einem zweiten Reformversuch zwingen, sagte Storm. Demnächst soll das Gericht sein lang erwartetes Urteil zur Frage der Rentenbesteuerung fällen.

Sollten die Richter eine stärkere Besteuerung der gesetzlichen Altersbezüge anordnen, würde sich ein Großteil der Berechnungsgrundlagen ändern und die magische Marke von 67 Prozent wäre schnell durchbrochen. Dann muss die Regierung handeln. Sie könnte etwa den Bundeszuschuss zur Rente erhöhen, was den Haushalt belasten würde, oder die Lebensarbeitszeit verlängern, oder aber die Beiträge zur Rente erhöhen. Bei allen Varianten ist weiträumiger Ärger mit der jeweiligen Interessenklientel vorprogrammiert.

ANNETTE ROGALLA