Rassistischer Mord in Norwegen

Fünf Neonazis werden in Oslo unter dem Verdacht festgenommen, einen 15-Jährigen erstochen zu haben

STOCKHOLM taz ■ Fünf Neonazis sind in Norwegen wegen des Verdachts festgenommen worden, den 15-jährigen Benjamin Labran Hermansen in der Nacht zum Samstag erstochen zu haben. Ein Polizeisprecher sagte, man habe „keine Zweifel“, was die Täterschaft bzw. Tatbeteiligung der Verhafteten angehe, auch wenn es noch Probleme gebe, weitere Zeugen ausfindig zu machen.

Nach bisherigen Ermittlungsergebnissen wurde Benjamin, Sohn eines Afrikaners und einer Norwegerin, am Freitag kurz vor Mitternacht auf dem Parkplatz eines Einkaufszentrums von Neonazis überfallen. Kurze Zeit später wurde er dort erstochen aufgefunden. Die Aussagen von Benjamins Freund, der flüchten konnte, führten zur Festnahme der fünf Neonazis.

Alle stehen laut Ermittlungsergebnis der Neonazigruppe „Boot Boys“ nahe oder gehören dieser an. Die „Boot Boys“ gelten als derzeit militanteste Gruppe der norwegischen Neonazi-Szene. Ihnen werden sowohl enge Verbindungen zur rechtsradikalen schwedischen „Blood & Honour“-Gruppe, sowie zu Neonazis in Deutschland nachgesagt.

Drei der jetzt Festgenommenen stehen unter Verdacht, im Dezember eine Pakistanerin in Oslo niedergestochen zu haben. In Erwartung ihrer Prozesses wurden sie auf freien Fuß gesetzt. Mitglieder der „Boot-Boys“ sind in den vergangenen Jahren wegen Gewalt gegen AusländerInnen verurteilt worden.

Benjamin war bereits vor einem halben Jahr Ziel Rechtsradikaler, als er mit seinem Fußballteam an einem Turnier in Dänemark teilnahm. Rund die Hälfte der Spieler der Mannschaft sind ausländischer Herkunft und wurden bei diesem Turnier von Neonazis beschimpft. Benjamin Hermansen berichtete darüber im Fernsehen. Die Polizei will nicht ausschließen, dass dieser Auftritt die Aufmerksamkeit der „Boot Boys“ auf ihn lenkte und zu seiner Ermordung führte.

Henrik Lunde vom antirassistischen Zentrum in Oslo ist überzeugt, dass die Neonazis ein umfassendes „Terrorregister“ führen, in dem sie Antirassisten registrieren. Vor kurzem war ein derartiges Register der Gruppe „Blood & Honour Scandinavia“ gefunden worden. Die Soziologin Katrine Fangen: „Es hat sich in den letzten Monaten immer stärkere Gewaltbereitschaft in der Rechtsaußenszene abgezeichnet, ohne dass Justiz oder Politik adäquat reagiert haben.“ Auf der Internetseite der „Boot Boys“ bekundeten Neonazis Sympathie mit den TäterInnen und gelobten Nachahmung.

REINHARD WOLFF