Daimler schlachtet Chrysler aus

DaimlerChrysler will 25.000 Arbeitsplätze bei Chrysler in den USA abbauen. Der Schnitt soll das Sorgenkind Chrysler wieder konkurrenzfähig machen und den gesamten Konzern retten. Deutscher Betriebsrat: „Heute trifft es die, morgen uns“

von BERNHARD PÖTTER
und RALF GEISSLER

Die Meldung aus Stuttgart bestätigte alte Feindbilder in Porto Alegre: Rechtzeitig zum „Gegengipfel“ der Globalisierungskritiker, die vor einem ungezügelten Kapitalismus warnen, verkündete die Konzernspitze von DaimlerChrysler gestern einen radikalen Schnitt beim amerikanischen Konzernteil Chrysler. Etwa 25.000 Jobs bei den US-Autobauern sollen in den nächsten Jahren abgebaut werden. Damit soll jeder fünfte Job bei Chrysler geopfert werden, um die angeschlagene US-Marke und damit den gesamten DaimlerChrysler-Konzern zu retten.

Der Abbau bei den Jobs werde zu gleichen Teilen bei den 95.000 Arbeitern und den 30.000 Angestellten stattfinden, hieß es in der Mitteilung aus Stuttgart. Gefeuert werden sollen aber möglichst wenig Mitarbeiter von Chrysler. Der Konzern will im Gegensatz darauf setzen, die radikalen Maßnahmen über Vorruhestand, Sonderprogramme und normale Fluktuation durchzusetzen. Sechs Autowerke in den USA sollen geschlossen werden, wo Chrysler einen Marktanteil von 14 Prozent, aber Personal in Höhe von 20 Prozent hat, klagen die Manager. Außerdem sehen Experten den US-Automarkt vor einem dramatischen Abschwung in den nächsten Jahren. Drei Viertel der Stellenkürzungen bei Chrysler, so der Plan aus Stuttgart, sollen noch in diesem Jahr wirksam werden.

Das aber ist leichter gesagt als getan. Denn Chrysler hat sich mit der amerikanischen Autobauer-Gewerkschaft UAW darauf geeinigt, bis 2003 keine Arbeiter zu entlassen. Da die Arbeiter also nur über teure Abfindungen gehen werden, wird die angekündigte Maßnahme den Konzern erst einmal belasten und nicht für Entlastung sorgen.

Die aber ist dringend nötig, seit Chrysler sich zum Sorgenkind der bei der Fusion bejubelten „Welt AG“ DaimlerChrysler entwickelt hat (siehe Kasten). Im November 2000 hatte Konzernchef Jürgen Schrempp die Notbremse gezogen und den Chrysler-Chef Jim Holden gefeuert. Seitdem werfen die Amerikaner den Deutschen vor, die Fusion sei eigentlich eine Übernahme, die Deutschen regierten das Unternehmen. In der Tat werden die Sanierungspläne für Chrysler vom Stuttgarter Manager Dieter Zetsche geschmiedet. Gemeinsam mit den japanischen Autobauern von Mitsubishi, die auch zum Konzern gehören, sollen nach Informationen des Spiegels gemeinsam Motoren entwickelt und gebaut werden, um mehrere Milliarden zu sparen. Der endgültige Plan soll Ende Februar vorliegen.

„Wir haben befürchtet, dass so etwas passiert“, sagte Kai Bliesener, DaimlerChrysler-Betriebsrat, der taz. „Zetsche hatte harte Schnitte angekündigt.“ Bliesener widersprach der Ansicht, der Stellenabbau in den USA mache die deutschen Jobs sicherer: „Heute trifft es die US-Kollegen und morgen uns.“ Der Abbau der 25.000 Arbeitsplätze sei nicht „sozialverträglich“, „schließlich sind Existenzen in Gefahr“.