Hokuspokus nicht nur mit „Overload“

Pop-Sensation für wenige: Die „Sugababes“ geben ein exklusives Showcase in Hamburg  ■ Von Barbara Schulz

„Stehst Du mehr auf Britney oder auf Christina?“ Gute Frage, die tatsächlich manchmal gestellt wird. Also, ich für meinen Teil bevorzuge Christina (Aguilera), weil sie besser singt (falls sie selbst singt) und Spaß am Frausein hat, während ich bei der krampfig-fröhlichen Britney (Spears) immer an ein quietschendes Gummisofa denken muss, sobald sie den Mund aufmacht. Was das mit den neuen Shooting-Stars Sugababes aus England zu tun hat? Eine ganze Menge.

Altersmäßig sind die Sugababes sogar noch jünger als die beiden erstgenannten (zwischen 15 und 16). Aber, hey, Jugendarbeit im PopBusiness rules, und schließlich gibt es auch in anderen Sparten jugendliche Musikerinnen, beispielsweise im Heavy Rock The Donnas, die auch ganz jung angefangen haben und inzwischen 21 sind, wie der Titel ihrer neuen LP The Donnas Turn 21 verrät. Die neuen Heldinnen des R'n'B von Destiny's Child sind gerade mal 19 Jahre jung (wobei die Gruppe allerdings bereits seit zehn Jahren besteht). Und diese drei Damen sind in puncto Glamourfaktor und Präsentation sicherlich ein Vorbild der Sugababes.

Sind die denn nun die perfekte All-Girl-Group? Glaubt man den britischen Jubelgazetten und sämtlichen Musikmagazinen auch in unseren Breitengraden, muss man diese Frage wohl mit Ja beantworten. Die Biografie klingt dabei wie ausgedacht: Sie sind lange befreundet, wurden zufällig entdeckt, konnten super singen, blieben lieber zu Hause und feilten an ihren Stimmen als auf Parties zu gehen, bla bla bla. Alles nicht sonderlich überzeugend, könnte stimmen oder aber auch nicht. Wer will denn allen Ernstes noch behaupten, dass ein ausgeleierter altmodischer Begriff wie Authentizität noch irgendwas bedeutet im heutigen Pop-Business?

Die Sugababes sind Teenager, die sich für US-R'n'B interessieren und über schicken, mehr nach Destiny's Child als nach den All Saints klingenden sparsamen Melodien und Beats über Liebe in allerlei Variationen singen. Ihr Hit „Overload“ ist zwar ein fantastisches motownesques, mit packenden Elektro-Beats, Schellenkranz-Sample, krankem Gitarrensolo und tollem 3-stimmigen Gesang ausgestattetes Meisterwerk, das alle um den Verstand bringt, die es jemals gehört haben. Ihre ganze LP One Touch geht einem aber nach fünf bis sechs Songs gehörig auf den Keks, weil keiner der anderen elf Songs „Overload“ das Wasser reichen kann und alle nur mittelmäßiger Weichspüler-R'n'B sind.

Als die Sugababes bei Top of the Pops auftraten, sorgten sie mit ihrer Auf-Barhockern-Herumsitzen-und-ein-paar-Tanzschrittchen-wagen-Performanc e für wahre Begeisterungsstürme. Der bekannte Fotograf Anton Corbijn hat die Suga-babes auch optisch ins rechte Licht gerückt. Und nun möchten alle Beteiligten, dass sie ein kräftig austretender Dukatenesel werden.

Eigentlich nur gut, dass sie altersmäßig noch unter das strik-te englische Jugendschutzgesetz fallen und nicht so viel arbeiten dürfen. Das rettet die Mädels vielleicht vor dem großen Ausverkaufs-Hokus-pokus und lässt ihnen genug Zeit für ihre Entwicklung, auch für das tatsächliche Schreiben von eigenen Songs.

Von wegen Ho-kuspokus: Dem Pub-likum bleibt der leider nicht erspart, denn der Showcase heute im Grünspan bleibt den Glücklichen vorbehalten, die bei einigen lokalen Zeitungen (wieso eigentlich nicht auch einmal der taz?) und Radiosendern Karten dafür gewonnen haben. Alle anderen bleiben also weg oder schauen bei den Emo-Corelern Jimmy Eat World im Schlachthof vorbei, wenn die nicht auch schon ausverkauft sind ...