in hundeland
: CHRISTOPH BIERMANN über phantastische Bastarde

Ein Löffelchen für Daum

Vor einiger Zeit war an dieser Stelle von Nationalspieler Marko Rehmer die Rede. In der Frühzeit seiner Karriere hatte der sympathische Verteidiger ein Spiel seiner Mannschaft Union Berlin deshalb verpasst, weil er mit seiner Freundin zusammen ihren entlaufenen Hund suchen musste. Zum Glück wurde das Tier noch am gleichen Tag wohlbehalten wieder aufgefunden. Wenn ich mich nicht täusche, handelte es sich dabei um einen Yorkshire Terrier, eine derzeit sehr beliebte Hundesorte, wie ich von meiner Freundin Moni erfahren konnte, die durch einen freundlichen Kollegen beim Kassen- und Steueramt der Stadt Duisburg in den Besitz der dort angelegten Liste ausgewählter Hunderassen gekommen, wie sie von den Bürgern der Stadt dort angemeldet wurden. Es ist eine sehr lustige Auflistung, die mit unübersehbar großer Begeisterung zusammengetragen worden ist.

So habe ich auch von der Popularität des Yorkshire Terriers in der Stadt mit dem größten Binnenhafen Europas erfahren – und von all jenen Untersortierungen, die dort von ihm angemeldet worden sind. Vielerlei wurde auf dem Anmeldevordruck im Kästchen „Rasse“ eingetragen. „Yorkcher“ etwa oder noch genauer „York Sher Terrierer“, außerdem „Yorkscher Derier“ und „Yorktierer“ oder „Jockeherteria“. Der Umgang mit dieser Hunderasse scheint in Duisburg also einen wahren Kreativitätsschub ausgelöst zu haben. Auch und gerade dann, wenn darauf abgehoben wird, dass der angemeldete Terrier nicht rasserein ist: „Jorgscha-Westteria mischling“ ist so ein phantastischer Bastard. Doch selbst das ist noch steigerungsfähig, wie der „Yorki Pikinese“ beweist und vor allem der „Jockraschterrieria mit Puddel drin (Mischling)“.

Kein Wunder, dass die Buchstaben zu tanzen beginnen, wenn man Hunde mit ausländischen Namen anzumelden hat, könnte man nun vielleicht denken. Die Schwierigkeiten mit dem „Cow Cow“, der keinesfalls ein Kuhhund ist, sondern der Sorte mit der lila Zunge entspringt, mag das belegen. An anderer Stelle heißt er zumindest onomatopoetisch korrekt „Schau-Schau“. In diesem Sinne frei assoziiert ist auch der „Golden Red Riwer“, der folglich kein retrievender Apportierhund mehr ist, sondern im roten Fluss seine Pfoten nass badet. Neben dem Hund, den sie „Pieknese“ nennen? Lassie ist auch unvergessen, als „Kolly Schafer Hund“. Aber die Hundeanmelder im Duisburger Rathaus stolpern nicht allein über ausländische Sprachen. Oder was soll ein „Rotweiler“ sein und ein „Deutscheschäfer“? Ja, gar ein „schafer-Mischling“? Ein scharfer Mischling, ein Schäferhundmischling?

Und dann gibt es noch einen Hund, dessen Geheimnis zu entschlüsseln nicht jedem auf Anhieb gelingt. Ich jedenfalls vermochte mit dem so genannten Zesa Hund überhaupt nichts anzufangen. Mit ins Trudeln geratener Orthografie allein hat das nichts zu tun, erst längeres Nachdenken und lautes Vorsprechen des Namens führt auf die richtige Spur: Hier ist der „Cesar Hund“ gemeint, ein pfiffiger kleiner Fiffi aus der Fernsehwerbung, der dort zum Kauf der gleichnamigen Feinschmecker-Hundefutter anregen soll. In Wirklichkeit handelt es sich um einen Westhighland Terrier, was im schönen Duisburg bestimmt noch ungeahnte Schreibweisen eröffnet.

In dieser Stadt aufgewachsen ist übrigens auch Christoph Daum, womit auf ziemlich durchsichtige Weise noch einmal die Überleitung von Hunden zu Fußball gefunden und trotzdem der Etikettenschwindel eingestanden ist, dass es hier und heute darum nicht geht. Zu den stets in süffisantem Ton erzählten Details der Affäre um den Freizeitkokser gehört es, dass seine Lebensgefährtin, die Musicalsängerin und Schauspielerin Angelika Camm, in die Lebensgemeinschaft der beiden einen weißen Pudel namens „Löffelchen“ eingebracht hat. Dass dieser Umstand so lustig gefunden wird, liegt einerseits daran, dass man für den weißen Puder wirklich nur Löffelchen braucht und der kleine Vierbeiner andererseits so gar nicht zum wuchtig daher schwadronierenden Daum passt. Wie „Löffelchen“ beim Steueramt angemeldet wurde, ist allerdings nicht bekannt.

Autorenhinweis:Christoph Biermann, 40, liebt Fußball und schreibt darüber