BUNDESKANZLER SCHRÖDER SAGT BESUCH IM IRAN ZU
: Handel ersetzt keine Menschenrechte

Es scheint dem iranischen Staatspräsidenten Mohammad Chatami ja recht wichtig zu sein, vor den Präsidentschaftswahlen im Juni mit dem Besuch des Bundeskanzlers in Teheran einen außenpolitischen Erfolg präsentieren zu können. Und das, obwohl – oder gerade weil? – seine konservativen Widersacher versuchen, einen solchen Ausgleich mit dem Ausland zu hintertreiben. Aber sonst hätte er seine Einladung an den Kanzler nicht erneuern und dazu seinen Außenminister Kamal Charasi nach Berlin schicken müssen.

Charasis Besuch und die damit verbundene anfängliche Geheimnistuerei verdeutlichen erneut, wie dringend verbesserungsbedürftig die deutsch-iranischen Beziehungen sind: Hatte man mit Mühe und Not die Belastungen hinter sich gelassen, die der „Mykonos“-Prozess und die Affäre um den zunächst zum Tode verurteilten deutschen Geschäftsmann Helmut Hofer erzeugt hatten, so stürzten die überaus harten Urteile gegen Teilnehmer an der letztjährigen Iran-Konferenz der Böll-Stiftung das gegenseitige Verhältnis vor einem Monat erneut in einen Abgrund: Man zitierte den iranischen Botschafter ins Außenministerium, und der Kanzler dementierte Reisevorbereitungen für einen Iran-Besuch. Teheran konterte, dies sei Einmischung in seine inneren Angelegenheiten, und wieder einmal drohte eine Eiszeit. Der Besuch Charasis sollte sicher mit dazu beitragen, dass diese nur von kurzer Dauer ist.

Immerhin: Der Kanzler ließ den Gast wissen, bevor er komme, müssten die „Rahmenbedingungen gegeben sein“. Angesichts der sonst so verklausulierten Erklärungen der Diplomatie ist das eine recht deutliche Sprache. Fragt sich nun, was diese Rahmenbedingungen sein sollen: die Freilassung der gerade Verurteilten, unter ihnen der Dolmetscher der deutschen Botschaft? Das wäre ein schöner Erfolg. Aber man mag daran nicht glauben angesichts der bisherigen Entwicklungen im Iran.

Eine Chance gibt es im Berufungsverfahren, das die Verurteilten angestrengt haben. Teheran besteht zwar – wie einst die Bundesregierung im Fall „Mykonos“ – darauf, dass die Justiz unabhängig sei, aber „Eingeweihte“ wollen das anders wissen. Und man kann sich ja überraschen lassen . . .

Wenn dieses Hindernis beseitigt ist, steht einer Verbesserung der Beziehungen unmittelbar nichts im Wege. Sie wird vor allem auf wirtschaftlichem Gebiet stattfinden – mit dem frommen Wunsch, Wandel durch Annäherung zu erzielen. Hoffentlich aber immer auch nach der einfachen Kenntnis, dass Handelsbilanzen nicht Menschenrechte ersetzen können. PETER PHILIPP